Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

FIEDLER, Rudolf: Österreichische Nationalbibliothek (Hofbibliothek) und Österreichisches Staatsarchiv

34 Rudolf Fiedler Als nun Maria Theresia 1749 das Geheime Hausarchiv — erst Anfang des 19. Jahrhunderts bürgerte sich der Name Haus-, Hof- und Staats­archiv ein — ins Leben rief, hatte die schon viel früher als kaiserliches Amt errichtete Hofbibliothek der neuen Gründung, zusätzlich zu deren aus Wien, Graz und Innsbruck stammendem Hauptbestand, in den ersten Jahren eine erhebliche Zahl von Handschriften zu übergeben. Nach den schon oben erwähnten Prinzipien der Teilung des Sammelgutes handelte es sich um staatspolitisch bzw. diplomatisch bedeutsames Material. Schon 1748 hatte Gerhard van Swieten als Präfekt der Hofbibliothek, augen­scheinlich im Hinblick auf die kommende Entwicklung, den Auftrag er­halten, 48 Handschriften aus der Bibliothek auszusondern und zunächst der Schatzkammer zu übergeben. Es waren ausschließlich Aktensamm­lungen und Kopialbücher, die sich auf Friedensverhandlungen und sonstige Verträge bezogen. Vieles diente als Ergänzung der nunmehr im Archiv erliegenden Familienurkunden und betraf vor allem die habs­burgischen Länderteilungen. Es waren aber u. a. auch einige Codices aus der von der Hofbibliothek im Jahre 1720 erworbenen Sammlung des Freiherrn Georg W. von Hohendorf, des Generaladjutanten des Prin­zen Eugen, dabei7). Einige dieser zuerst übergebenen Handschriften wurden später aus­einander genommen und in neuer Zusammenstellung wieder gebunden, andere in die Aktenserien des Archivs eingereiht8). Auch Bücher, die zur Geschäftsführung des Archivs unumgänglich notwendig waren, wech­selten den Besitz, etwa der Recueil des traitez de paix (4 Bände, Amster­dam u. Haag 1700), Jean Mabillons De re diplomatica (Paris 1709), das Corps universal diplomatique du droit des gens etc. von Jean Du Mont (8 Bände, Amsterdam 1726) oder das Chronicon Gotwicense (2 Bände, 1722) 9). Nicht alle noch weitergehenden Bücherwünsche mußten von der Hofbibliothek erfüllt werden, andere Bezugsquellen sprangen dafür ein. In den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts konnte das Archiv einen weiteren Zuwachs von 50 ungarischen Handschriften aus dem Nachlaß des Kustos der Hofbibliothek Adam Franz Kollár von Keresztén ver­zeichnen 10). Die großen Erwerbungsschübe und Tauschbewegungen zwischen der Hofbibliothek und dem Geheimen Hausarchiv setzten jedoch mit der Auf­hebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 und der Säkularisierung vieler Klöster unter Joseph II. ein. In den achtziger Jahren erreichte zunächst Gottfried van Swieten, der seinem Vater bald als Präfekt der Hof­7) Ges. Inv. 3, 256; vgl. auch Gesch. ÖNB 1, 194. 8) Ges. Inv. 3, 258 f. ») Ebenda 4, 451; zur Bibliothek des HHStA vgl. Hanns Leo Mi k ölet z- k y Die Archivbibliotheken in Wien in Biblos 15 (1966) 206. io) Ges. Inv. 3, 141.

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