Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky
FIEDLER, Rudolf: Österreichische Nationalbibliothek (Hofbibliothek) und Österreichisches Staatsarchiv
österreichische Nationalbibliothek (Hofbibliothek; 35 bibliothek gefolgt war, daß zahlreiche Archivalien der vertriebenen Jesuiten und der aufgehobenen Klöster der Bibliothek ein ver leibt werden konnten. Er hatte den hohen historischen Wert vor allem auch der Archivbestände der Jesuitenkollegien erkannt und richtete sein Interesse besonders auf Urkunden, Akten, Handschriften und Drucke, die juristisch vielleicht weniger bedeutsam waren, aber als literarische und historische Dokumente einen sehr guten Einblick in die Verfassung, Geschichte und den großen Einfluß des Ordens gewährten u). Zwar konnte er die Zerstörung wertvollen Materials durch subalterne Beamte in Niederösterreich nicht verhindern, hatte aber im Kampf gegen verschiedene andere Ländergubernien mehr Erfolg und wurde hiebei besonders von der Böhmisch-Österreichischen Hofkanzlei unterstützt. Sie vor allem gewährte ihm Einsicht in die Archivkataloge der böhmischen Jesuitenprovinz und gab ihm freie Hand bei der Auswahl. Die Gubernien von Brünn, schließlich auch von Lemberg und Graz, und die Landeshauptmannschaften von Klagenfurt und Görz sandten die von van Swieten beanspruchten Jesuitica der Böhmischen Hofkanzlei ein, die sie im Dienstwege über das Obersthofmeisteramt schließlich an die Hof bibliothek weiterleitete * 12). Analog kümmerte sich Gottfried van Swieten auch um die Bestände der Bibliotheken und Archive der aufgelassenen Klöster. Die Böhmisch- Österreichische Hofkanzlei wies die Regierungen an, dem Präfekten der Hofbibliothek die entsprechenden Verzeichnisse vorzulegen 13). Er beanspruchte, was die Urkunden betraf, das Material der inner österreichischen Klöster zur Gänze, begnügte sich aber bei den übrigen wieder mit einer Auswahl. Diese Urkunden wurden schließlich in den Jahren 1783—1811 vom Skriptor der Hofbibliothek Abbé Franz Sensel in den Index chrono- logicus in diplomata et instrumenta publica in Bibliotheca Palatina asservata aufgenommen, ein Verzeichnis von 4732 Urkunden, die von den Gubernien Innsbruck, Graz und Prag aus den ehemaligen Klöstern ihrer Bereiche eingezogen worden waren. Zur Zeit der Klosteraufhebungen zeigte man im Geheimen Hausarchiv noch kein Interesse für diese Archivalien. Erst Josef von Hormayr erkannte den großen Quellenwert und wollte ihn der historischen Forschung zuleiten14). In seinen Bemühungen wurde er tatkräftig vom Staatskanzler Fürst Metternich unterstützt, der dem Kaiser im Jahre 1810 Pläne zum Ausbau des Geheimen Hausarchivs zu einem Zentralinstitut vorlegte. Eine kaiserliche Entschließung vom 6. März 1811 ermächtigte den Staatskanzler, Schritte beim Obersthofmeisteramt zur Erwerbung der Klosterurkunden einzuleiten. Von diesem Amt wurde das Verlangen des >i) Ebenda 346 ff; Gesch. ÖNB 1, 273 f. 12) Ges. Inv. 3, 350—353. iS) Ebenda 351; Gesch. ÖNB 1, 275 f. i«) Ges. Inv. 3, 355. 3*