Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky
WIESFLECKER, Hermann: Das älteste russische Originaldokument in Österreich?
148 Hermann Wiesflecker Überlieferung im Staatsarchiv zu Moskau, die in Solovjevs „Denkmälern“ abgedruckt ist26). Dieser Moskauer Vertrag dürfte damals am Innsbrucker Hof viel bestaunt und herumgezeigt worden sein, schickte sich doch Erzherzog Sigmund an, einen eigenen Gesandten, einen gewissen Snups, zum Großfürsten nach Moskau zu schicken. Vielleicht ist diese anhaltende Innsbrucker Russophilie unserer schönen Vertragsurkunde zum Verhängnis geworden? Angesichts dieses schmerzlichen Verlustes wird uns das russische Original dieses unscheinbaren Kredenzschreibens vom 16. August 1490, das sich, wie gesagt, in Innsbruck erhalten hat, umso wertvoller sein, stellt es doch höchstwahrscheinlich das älteste russische Originaldokument in westlichen Archiven dar. Sein Inhalt ist bescheiden: Johannes, Herr von ganz Rußland etc., empfiehlt seinem erhabensten, lieben Freund, König Maximilian, seine bevollmächtigten Gesandten Jurij Trachaniot und Vasili j (Kulesin); Maximilian möge ihnen vollen Glauben schenken wie dem Großfürsten selber. Geschrieben zu Moskau im Jahre 6998 seit Erschaffung der Welt, am 16. des Monats August 27). Der russische Text dieses Kredenzschreibens ist übrigens auch aus der russischen Registerüberlieferung des Archivs zu Moskau bekannt, den uns wieder Solovjev in seinen „Denkmälern“ mitteilt28). Die Gesandten Jurij Trachaniot und Vasilij Kulesin sollten nach dem Willen ihres Großfürsten die deutschen Gesandten ins Reich begleiten, sollten die wichtige Moskauer Vertragsurkunde vom 16. August 1490 Maximilian zur feierlichen Bestätigung vorlegen und dessen Gegenurkunde ihrem Großfürsten zurückbringen. Zu diesem Zweck erhielten sie eine sehr eingehende Instruktion, was und wie sie mit dem Römischen König über die Bestätigung des Moskauer Vertrages, aber auch über die Heirat mit einer Tochter des Großfürsten zu verhandeln hätten. Diese Instruktion 29) wie die meisten gleichzeitigen Stücke, die uns Solovjev aus den Registern des Moskauer Archivs ediert hat, sind reizvolle Zeugnisse der pedantischen Geschäftsführung der Moskauer Kanzlei und einer Schreibseligkeit der Behörden und Gesandten, denen wir ebenso anschauliche wie wertvolle Einzelheiten zu verdanken haben. Mit größten Ehren wurde Georg von Thurn verabschiedet, mit Goldkette, Kreuz, Hermelinpelz und vergoldeten Sporen ausgezeichnet, offenbar in Nachahmung des im Westen gebräuchlichen „eques auratus“; Rußland verstand es schon damals, sich westlich zu geben, wenn es gut schien. 28) (Denkmäler) 1/1, 37. 27) Den russischen Volltext vgl. in der Beilage. 28) (Denkmäler) 1/1, 35. 2») Ebenda 34—46.