Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
HEINDL, Waltraud: Die Wiener Nuntiatur und die Bischofsernennungen und Bischofsenthebungen in Ungarn 1848–1850
Die Wiener Nuntiatur und die Bischofsernennungen in Ungarn 1848—1850 415 Jekelfalussy. Er brandmarkte deren Hirtenbrief an die Bevölkerung Ungarns vom Oktober 1848, in dem die Oberhirten die Bevölkerung aufgerufen hatten, die Rechte der Nation zu verteidigen. Ebenso mißbilligte er die Adresse an den König zugunsten der nationalen Rechte Ungarns 12). Auf die Ernennung gerade dieser Bischöfe hatte Viale-Prelá noch im November 1848 gedrängt13). Nun fand er nichts dagegen einzuwenden, daß mit Ah. Entschließung vom 10. Juli 1849 die Ernennung dieser vier Bischöfe widerrufen wurde 14). Dabei blieb es aber nicht. Die kaiserliche Regierung verfuhr hart mit den Bischöfen. Lonovics wurde inhaftiert und vor ein Militärgericht gestellt. Horváth, der mit Kossuth geflohen war, wurde „in effigie“ gehenkt, sein Bistum für vakant erklärt, die Verwaltung der Güter einem kaiserlichen Kommissär anvertraut. Dasselbe Los wurde Bischof Jekelfalussy, dem auch die Flucht außer Landes gelang, zuteil. Auch Joseph Rudnyánszky, den Bischof von Neusohl, stellte man vor ein 12) VA NdiV 322: Viale-Prelä an Antonelli, 1849 August 2 Nr. 205 und September 11 Nr. 219. 13) VA NdiV 321: Viale-Prelä an Soglia, 1848 November 16 Nr. 121. 14) HHStA Kabinettskanzlei, Ministerratsprotokoll (weiterhin MRProt.) v. 1849 Juli 12/11 MRZ. 2336/1849. Lonovics, Horváth und Jekelfalussy wurden der „Beteiligung an hochverräterischen Umtrieben“ beschuldigt. Hám, der „mehr aus Charakterschwäche als aus böser Absicht gefehlt“ hätte, wurde von Bach aufgefordert, zurückzutreten. Falls er sich nicht dazu bereit erklären sollte, drohte man Hám die gleiche Behandlung an wie den drei anderen — also das Kriegsgericht. Vgl. auch den Artikel in der Wiener Zeitung vom 1. August 1849, in dem der ungarische Klerus als „Teilnehmer und Vorkämpfer der Revolution“ bezeichnet wird. Man warf den vier oben erwähnten Bischöfen folgendes vor: Das ungarische Ministerium habe „in wohlberechnender Voraussicht der kommenden Ereignisse für die Besetzung einiger erledigter Bischofssitze der Krone Männer empfohlen, deren Eigenschaften dem Gelingen der schon damals gehegten Pläne förderlich, oder doch nicht hinderlich schienen“. Hám wäre „ein Mann von wahrhafter christlicher Frömmigkeit und Mildtätigkeit“, doch „vorgerückten Alters und durch seine lange Zurückgezogenheit von allen öffentlichen Angelegenheiten erhöhter Milde des Charakters außerstande, den Übergriffen des ungarischen Ministeriums entgegenzutreten“. Die Ernennung Lonovics’, Horváths und Jekelfalussys hätte sich „unter den Formen vollzogen, welche die Aprilgesetze zum Behufe der Losreißung Ungarns vom Gesamtreiche und zur Schwächung der jeder freien Selbstbestimmung entkleideten königlichen Gewalt, in die Hand der Ungarischen Partheiführer gelegt hatten“. Als „schlimme Folge“ dieser Ernennung hätte sich die Bischofskonferenz in Pest vom 20. Oktober 1848 an „auf revolutionärem Felde“ bewegt. Horváth und Jekelfalussy wären Vertreter Kossuths und die Zwischenträger zwischen dem Landesverteidigungsausschuß und der Bischofskonferenz gewesen und hätten im Aufträge Kossuths in ihren Diözesen Aufruhr gepredigt. Man zitierte weiters den Hirtenbrief vom 28. Oktober 1848, „womit die Katholiken Ungarns in begeisternden Worten zu den Waffen aufgerufen worden waren“, als erschwerendes Delikt. Daher — so lautete die Entscheidung — würde die Ernennung der genannten Bischöfe zurückgenommen, „als nicht geschehen“ erklärt, und die entsprechenden Bischofssitze seien als erledigt anzusehen. Vgl. auch A n d i c s A nagybirtokos aristokrácia 267, 330 ff.