Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

MIKOLETZKY, Lorenz: Der Versuch einer Steuer- und Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II

Der Versuch einer Steuer- u. Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II. 337 luition aller obrigkeitlichen Forderungen zugleich und in gleichen Pro­zentbeträgen zu bestimmen. Unter weiteren Anträgen sticht jener hervor, der die Geistlichkeit, wo sie durch Einrechnung des bisher an sie ge­leisteten Zehents an die 50% ihrer bisherigen Bezüge geschädigt wird, durch die Gemeinden zu entschädigen suchte. Der oben erwähnte Ge­danke, Inleute, Häusler u. a. in das Patent aufzunehmen, solle fallen­gelassen und die Bestimmungen über die Schuldigkeiten von Land zu Land gesondert erlassen werden. Auch Kolowrat sprach sich gegen eine Urbarialeinrichtung für alle Länder nach gleichen Grundsätzen aus. Das hieße „durch einen Federstrich das von dem Souverain so heilig zu schützende Eigenthums-Recht großen Theils über’n Haufen werfen“. Hunderte von Gutsbesitzerfamilien würden durch diese Maßregel un­glücklich gemacht werden, und es sei also wahrscheinlich, daß man die­selbe werde widerrufen müssen65 66). Zunächst tat der Kaiser diesen Federstrich nicht, er befahl die Um­arbeitung des von ihm in mehreren Punkten abgeänderten Patents und lehnte vor allem die Aufnahme eines ihm widersinnig erscheinenden und schon oft verworfenen „Grundsatzes“ ab: die Urbarialschuldigkeiten für jeden mit dem Contributionale auszumessen. Ferner sah Joseph sich gezwungen, den Termin der neuen Urbarialschuldig­keiten auf ein Jahr hinauszusetzen, „damit alles in das gehörige Geleis zu bringen sei“. Bezüglich der Urbarialschuldigkeiten wurde festgestellt: „Was die Urbarialschuldigkeiten anbelangt, so sind solche nach dem nämlichen Grund­sätze: daß sie nicht die Hälfte der reinen Erträgniße übersteigen, zu bestimmen, und daß, die wirklich weniger abdienen, auch nicht erhöhet werden können. Die Schätzung der Kulturskosten, und der in Geld, oder Früchten abzudienen­den Robotstage wird, wenn sie mit Einsicht auch in Zukunft gemacht wird, auch eine mehrere Gleichheit des galizischen Unterthanes gegen jenen der übrigen Erbländer hersteilen können und diesen die Möglichkeit verschaffen, die erhöhte Kontributionslast abzusteuern“ ,i6). Am 19. Jänner 1789 erging an die Länderstellen der Auftrag, das Patent nach Fertigstellung und Druckfehlerberichtigung in Druck zu geben, damit das „Geschäft“ am 1. November 1789 seinen Anfang nehme. Für Galizien fordert der Kaiser ein schon öfter vorgeschlagenes, eigenes Patent. Und wieder versuchte die Hofkanzlei den Kaiser „in tiefster Ehr­furcht“ zu warnen, „daß nach ihrer innigen Überzeugung ein Machtspruch, mittels welchem alle Verhältnisse und Schuldigkeiten zwischen Grundherrn und Grundunter- than ... nach einem einzigen und allgemeinen Maßstab herabgesetzt und in Geld verwandelt werden, sich mit dem Schutze, welchen der Staat dem Eigen­thumsrechte eines jeden Bürgers schuldig ist, nicht vereinbaret, und die Gränze einer gemäßigten Regierungsform überschreitet“, da Verträge, urdenkliches Herkommen und landesherrliche sowie richterliche Aussprüche verletzt wurden. Auch werde der Nationalreichtum gemindert, „weil Bewerbsamkeit des Bauern nicht im nämlichen Verhältniß, wie der Verlust des Grundherren zunehmen 65) Ebenda 438 f. 66) HKA Hs. 275 fol. 441. Mitteilungen, Band 24 22

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