Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
MIKOLETZKY, Lorenz: Der Versuch einer Steuer- und Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II
338 Lorenz Mikoletzky werde“. Das Präsidium der Hofkanzlei und alle ihre Mitglieder wollen sich deshalb „im Ansehen aller Folgen auf jederzeit außer Verantwortung gesetzt“ sehen, und beschränken sich auf eine einzige Bitte: „Da alle unterthänigen praestanda bloß in Geld gefordert werden sollen, so muß dazu eine Frist gesetzt werden; und da glaubt man unmaßgiebigst, daß bei dieser allgemeinen Revolution, welche besonders bei jenen Dominien, wo große Landwirtschaften sind, viele vorläufige Anstalten und ökonomische Spekulazionen erfordert, der Termin der gesetzmäßigen Gültigkeit dieser Verwandlung in Gelde erst auf den 1. November 1790 bestimmt werden solle“ 67). Am 31. Jänner 1789 erfolgt die Antwort Josephs, der es allmählich müde wurde, ununterbrochen zu sehen, wie seine Reformen angegriffen wurden. Unter anderem heißt es dort: „Übrigens lohnte zwar dieser Vortrag keine andere Resoluzion als ein ponatur ad acta, da nur ein persönlicher Eigennutz oder Eigenliebe, um bei dem so großen Haufen zu scheinen: se aliquid dixisse, hervorleuchtet. Nachdem Ich aber nicht den blinden Gehorsam allein fordere, sondern Mich auch mit der Überzeugung Meiner Staatsdiener abgebe, so will Ich in einige Erörterung dieses Vortrags eingehen. Nämlich: Der sogenannte Machtspruch in Bestimmung der Urbarial-Schuldigkeiten wird von der Kanzley ganz verdreht vorgestellt“ 68 69). Denn, so stellt der Kaiser in weiterer Folge fest, er habe nicht ein für alle Untertanen gleiches, unabänderliches Schuldigkeitenausmaß fixiert, sondern bloß nach reiflicher Überlegung eine Höchstgrenze von 17 fl. 46 kr. gesetzt. Die Obrigkeit, die bei dem ihr belassenen Prozent an ihren Einkünften Schaden erlitte, führe eine schlechte Wirtschaft oder unterdrücke die Untertanen unmäßig. Außerdem könnten sich die Obrigkeiten durch Verpachtung ihres Hof ackers oder verbesserter Kultur helfen. Die den Untertanen gesetzte zweijährige Frist habe den Zweck, den Klagen ein Ziel zu setzen, die Obrigkeiten kämen aber dazu gar nicht in die Lage, solche zu führen. Die ganze, als so „schrecklich“ geschilderte „Revolution“ werde nur die wohltätigsten Folgen haben, nämlich, und das ist das, was der Kaiser mit der Urbarialregulie- rung beabsichtigte: die gleichmäßige Heranziehung aller Staatsbürger zum Tragen der staatlichen und die Erleichterung der untertänigen Lasten, woraus eine Vermehrung des National Wohlstandes zu erwarten war. „Ich bin also über dessen Wirkung ganz beruhiget, ohne Mich von dem Geschrey und Murren irre machen zu lassen, welches nach dem hier schon gestimmten patriotischen Tone immer eine Folge aller, auch der besten Verordnungen ist ... Und so scheint Mir, daß die Masse des Reichthums im Staate vermehret und auf sichere Gründe und auf ewige Zeiten besser, als nach dem itzt bestehenden, erkannten, ungleichen und überspannten Fuß, gebaut werden wird“ 6»). Das Patent, am 10. Februar 1789 allen Länderstellen mit der Auflage zugesandt, daß es am 1. November in Kraft zu treten habe, zerfiel in zwei Teile: Paragraph 1—9 die landesfürstliche Grundsteuer, Paragraph 10—16 die herrschaftlichen Urbarialforderungen betreffend. 67) Rozdolski Steuer- und Agrarreform 114 und Grünberg befreiung 440 f. 68) Rozdolski Steuer- und Agrarreform 115 und Grünberg befreiung 441. 69) Rozdolski Steuer- und Agrarreform 115 und Grünberg befreiung 441. BauernBauernBauern-