Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

MIKOLETZKY, Lorenz: Der Versuch einer Steuer- und Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II

322 Lorenz Mikoletzky wohner eines Staats von demselben gleichen Schutz genüssen, so sind auch alle ihren Beitrag hiezu zu leisten schuldig ... hievon jemanden, wer es auch immer sein möchte, keine Befreiungen, so gar von der Obersten Gewalt nicht, ertheilet werden könnten“ 27), ist uns schon aus dem Gedankengut des Kaisers bekannt. Die Steuer soll nach dem Ver­hältnis der Einkünfte und Verdienste bestimmt werden und von dem, der diese genießt, auch bezahlt werden, da nach Meinung Puechbergs nicht einzusehen war, warum jemand mehr oder weniger Steuer bezahlen sollte. Ferner fordert er, und das ist vielleicht das Interessanteste, daß jedem „Contribuenten“ die eigene Bekenntnis zuzugestehen sei, aber der Staat Stichproben machen soll und bei Verfehlungen Strafen aufzuer­legen hat28). Wie es Puechberg gleichsam sich selbst in den Memoirs vorschlug, so erfolgte später auch das Werk, da die Gedanken des Kaisers und seines Hofrats einander in großen Zügen ähnelten. Bei Hof ging inzwischen die Arbeit intensivst weiter, und Joseph gab in einem Handbillett vom 27. April 1785 dem Grafen Zinzendorf gegen­über seinem Unmut Ausdruck, daß er bei der Lektüre von ergänzenden Aufsätzen zum Steuerregulierungspatent 35 wichtigere und über 300 min­dere Schreibfehler entdeckt habe 29), was auf ein peinlich genaues Studium des Kaisers schließen läßt. Immer wieder treffen, seitdem das Werk in Gang gesetzt wurde, bei der obersten Kanzlei Verbesserungsvorschläge ein, die, teils mit „Dient zur Nachricht“, teils mit „Von diesem Vorschläge ist kein Gebrauch zu machen“, durch Joseph zu den Akten gelegt werden. Als am 7. Mai 1785, kurz nach Veröffentlichung des Patents, ein Antrag einlangt, die schon einmal durch Geometer vermessenen Grundstücke nicht noch einmal vermessen zu lassen und die alten Maße zu verwenden, schreibt Joseph empört, daß „wegen einer kleinen Müheersparniß nicht eine Ungleichheit im Ganzen muß gemacht werden“ 30). Um jegliche Ver­zögerung und Verlangsamung zu vermeiden, gelangt am 12. Juni 1785 ein Auftrag an den Hofkriegsrat, nach dem Offiziere und vor allem Ingenieure der Genietruppe zum „Geschäft“ abkommandiert werden. Joseph verspricht sich davon einen ungemeinen Vorschub. Aber da beginnt sich erstmals ein klarer Widerstand zu zeigen. Mit einem Male fanden sich keine Ingenieure, und nur einfaches Militär stand zur Verfügung. Dies veranlaßt den Kaiser zu folgenden Zeilen: 27) Memoirs des bey der vormahlig-unabhängigen k. k. Hof-Rechnungs- Kamer gewesenen Hof-Raths Johann Matthias Puechbergs ... Die Crei- rung dieser Hof-Rechnungs-Kamer, dessen dabey geleistete Diensten und sein bey ihrer Aufhebung od. vielmehr Abänderung gehabtes Schicksaal betrf. Zu­sammengetragen Anno 1776—1784, 3 Bände, Handschrift (Bibliothek des öster­reichischen Statistischen Zentralamtes in Wien, Signatur 1228) 3. Band § 109. 28) Ebenda. 2«) Vgl. HKA Hs. 275 fol. 117. 30) Ebenda fol. 120.

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