Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

MIKOLETZKY, Lorenz: Der Versuch einer Steuer- und Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II

Der Versuch einer Steuer- u. Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II. 317 nichts mehr zu leisten hätte“17). Um ein klagloses Funktionieren zu gewährleisten, war es natürlich wichtig, dieses System in allen Provin­zen in gleicher Weise durchzuführen; ferner mußten alle Ausmessungen und Schätzungen der Gründe beendet, die Zwischenmauten gefallen sein und neben dem Wein- und Ackerbau die Viehzucht und Industrie eine Förderung erfahren. Was Joseph schon als Jüngling seiner Mutter gegenüber ausgesprochen hatte, als er die Vorurteile tadelte, — „die uns glauben machen wollen, wir stünden höher als andere, weil wir einen Grafen zum Ahnen und ein von Karl V. unterzeichnetes Pergament im Schranke haben. Unsere Eltern können uns nur das körperliche Leben verleihen und daher gibt es keinen Unterschied zwischen einem König, einem Grafen, einem Bür­ger oder einem Bauern. Seele und Geist gab uns der Schöpfer, Vorzüge und Laster sind das Ergebnis guter und schlechter Erziehung und der Beispiele, die wir vor Augen haben“ 18), — wollte er jetzt verwirklichen. Er legte vom Anfang seiner Regierung an das Hauptaugenmerk auf das Problem der Bauern, denen die Regulierung in erster Linie zu gute kam, wie auch der Physiokratismus den Boden als Grundlage des National­reichtums betrachtete, aber nicht, weil er dem Großgrundbesitzer gehörte, sondern weil ihn der Bauer bearbeitete. Während seiner Reisen in Frank­reich, besonders 1775, traf der Kaiser mit Physiokraten zusammen, so mit dem geistigen Führer dieser Bewegung, Anne Robert Jacques Turgot. Bis zur Veröffentlichung des Planes sollten aber noch zwei Jahre ver­gehen. Durch Handbilletts und Entschließungen, die zwischen Joseph und der Hofkanzlei hin und her gingen, wurden die Grundlagen der Regulierung festgelegt und die vorkommenden Fehler und die möglichen Strafen er­örtert. So heißt es am 24. Mai 1784 unter anderem, Joseph wolle ge­statten, „daß jede Gemeinde, und Obrigkeit eine nochmalige, und getreue Fatirung ihres gesammten Besitzstandes an ackerbaren Gründen, Wiesen ... dann ihrer Körner-, Wein-, Heu- und Holz-Erträgniß innerhalb 6. Monaten von der Publikazion des Patents bei den Kreisämtern einreiche, durch welche Zeit Ich eine vollständige Amnestie über alle bisher dem allgemeinen Kontri- buzionsstande ganz, oder zum Theil entzogenen Patentalgiebigkeiten eintreten lassen wolle, nach deren Verlauf hingegen für jede derlei verschwiegene, oder unrichtig angesetzte Giebigkeit nicht nur die in den Patenten bemessenen poena quadrupli unnachsichtlich erfolgen, sondern noch überdieß jede einer solchen Retinenz sich schuldig machenden Parthey zur Vergütung der bei der Entdeckung zu erfolgen habenden Nachmessung ihrer Gründe ver­wendeten Kosten verhalten werden würde“ 19). 17) Ebenda fol. 9. 18) Eduard Winter Joseph II. Von den geistigen Quellen und letzten Beweggründen seiner Reformideen (Wien 1946) 13. 19) HKA Hs. 275 fol. 14.

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