Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
GASSER, Peter: Triestiner Handel vor 1790. „Corpo Mercantile“, die Anfänge der Handelsbörse und die Opposition Fiumes
Triestiner Handel vor 1790 255 ganze corpo mercantile einzuberufen wäre oder nur einzelne Kaufleute „versammelt oder schriftlich einvernommen“ werden sollten. Jedem immatrikulierten Handelsmann blieb es unbenommen, in eigener Sache beim Gouverneur vorstellig zu werden, von dem auch von Fall zu Fall die Erlaubnis zur Einsichtnahme in die von den Deputierten geführten Protokolle eingeholt werden mußte. Es deckten sich also die Direktiven Wiens im wesentlichen mit den Vorschlägen des Grafen Zinzendorf vom 16. April 1779. Seinem Wunsche nach Eliminierung des Begriffes „börsenmäßiger Handelsmann“ wurde allerdings nicht entsprochen. Doch büßte diese Bezeichnung ihren exlu- siven Charakter weitgehend ein, da sie in der Folge auf jeden in Triest beim Merkantilgericht immatrikulierten Großhändler ausgedehnt werden konnte. In einer an den Gouverneur gerichteten und von diesem nach Wien weitergeleiteten Eingabe vom 13. Juli 1779 war im Namen aller christlichen Kaufleute von den Händlern Belletti, Trapp, Frohn, Bogner und Österreicher die Forderung nach Ausschließung der Juden von der Möglichkeit, zu Deputierten gewählt zu werden, ausgesprochen worden. Es geschah dies mit der Begründung, daß den Israeliten auch bislang die Stelle des Direktors und Vizedirektor der Börse vorenthalten gewesen sei17). Aus dem bisher Gesagten könnte geschlossen werden, daß der Gouverneur die Triestiner Kaufleute christlichen Bekenntnisses über die wesentlichsten Punkte seiner Relation vom 16. April 1779 nicht im unklaren gelassen hatte. Zinzendorf teilte offenbar deren Aversion gegenüber dem jüdischen Elemente, da er den an ihn herangebrachten diesbezüglichen Einflüsterungen nicht immer mit der gebotenen Objektivität entgegengetreten ist. Die christlichen Händler mochten wohl aus Konkurrenzgründen Antisemiten gewesen sein. Warum es auch Zinzendorf war, bleibt unklar. Die von den jüdischen Kaufleuten gehegten Befürchtungen erfüllten sich am 17. September 1779. Ihre unmittelbare Reaktion war eine an Maria Theresia gerichtete Bittschrift, in der sie das ihnen vorgeworfene Streben nach Monopolisierung des Triestiner Geschäftslebens entschieden in Abrede stellten und diesbezügliche Unterstellungen schon mit dem Hinweis, daß von den zweiundvierzig börsenmäßigen Handlungshäusern sich nur sechs in ihren Händen befänden, ad absurdum zu führen trachteten. Niemals erpicht, die Führung der Börse an sich zu reißen, wären sie, gleich ihren christlichen Kollegen ständig einzig und allein bedacht gewesen, durch ihre 17) Ebenda fol. 364: „Che, se si fosse prommossa una tal Questione, noi saressimo stati di Sentimento, che gli Ébrei non possino rappresentare il Corpo Mercantile in Figura di Deputati, come rappresentar nol potevano, per l'avanti in Figura di Direttori e Vice Direttori“.