Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

GASSER, Peter: Triestiner Handel vor 1790. „Corpo Mercantile“, die Anfänge der Handelsbörse und die Opposition Fiumes

252 Peter Gasser henden Triestiner Börsenverfassung und zu einschlägigen, in der Folge z. T. auch realisierten Reformvorschlägen bot. Als gänzlich unbegründet fand der Gouverneur, daß nur den sogen, „bör­senmäßigen“ Händlern, nicht aber allen in Triest lebenden Kaufleuten landes­fürstliche Verordnungen zur Kenntnis gebracht wurden und daß nur erstere berechtigt sein sollten, höheren Orts „... die ihrer nöthigen Handelsfreyheit im Wege liegenden Hindernisse anzuzeigen.“ So sei es gekommen, daß sich diese Handelsbörse im wahrsten Sinne des Wortes zu einem „status in statu“ ent­wickelt hätte. Zinzendorf forderte die Aufhebung des Begriffes „börsen­mäßige Handelsleute“ und die Heranziehung aller bei dem Merkantilgericht immatrikulierten Großhändler zu den Sitzungen und Abstimmungen der Börse I0 *). Die Leitung der Börse „alterniert fast beständig zwischen zwei oder drei Subjekten“, als deren Berater gleichfalls immer wieder dieselben Personen auf- treten, „die hiedurch ein gefährliches Übergewicht in allen Berathschlagungen zum Behufe ihrer Privatabsichten bekommen“. In der Überzeugung, von der Leitung ohnehin ausgeschlossen zu sein, dächten die übrigen Mitglieder der Börse niemals an die „gemeinsame Wohlfahrt des Platzes,“ sondern nur an den eigenen Gewinn. Unter diesen Umständen wären, so fährt Graf Zinzendorf in seinem Berichte fort, die nur allzu oft überflüssigerweise einberufenen Ver­sammlungen der Börse „einem ehemaligen Pohlnischen Reichstag ähnlich“, da die große Mehrheit unter den Anwesenden den Ausführungen des Direktors überhaupt nicht folge und die Zeit vielmehr nur „mit leeren und unnützen Geschwätz“ vertreibe. In diesem Zusammenhang ist ein dem Gouverneur von der reformfreu­digen Gruppe unter den „börsenmäßigen“ Kaufleuten unterbreitetes undatiertes Promemoria beachtenswert. Nach der einleitenden Klage, daß ein weder durch ausreichende Fonds, noch durch einschlägige Erfahrung gerechtfertigter Drang adeliger und bürgerlicher Personen nach merkantiler Betätigung, Triest an den Rand des wirtschaftlichen Ruins gebracht hätte n), kamen die Verfasser der Denkschrift auf die Verhält­nisse an der Börse selbst zu sprechen, deren allzuhäufige Sitzungen sie als eine Behinderung des normalen Geschäftslebens empfanden 12). Nicht jeder, der den Börsesessionen beiwohne, täte dies, so wird in dem Promemoria behauptet, in ehrlicher Absicht und zum Nutzen des Gemeinwohls. Nur zu oft seien Eigennutz und Korruption die treibenden Momente. So herrsche an der Triestiner Börse nicht die notwendige Diskretion, ein Umstand, der Geschäftsabschlüsse, vor allem mit ausländischen Partnern, überaus erschwere. Die Führung der Börse sollte, so wurde abschließend vorgeschlagen, einem ständigen Ausschuß einge­räumt werden, der aus sechs bis acht unter den angesehensten und erfahrensten 10) Ebenda fol. 292—296 v, 299—308: aus dem Bericht Zinzendorfs an die Hofkammer vom 16. April 1779. n) Ebenda fol. 297—298 v: ......un fanatismo di commercio intrapreso da N obiltä ed altro ceto di Persone, affatto spoglie di cognizioni e capacitä di trafficare non solo, ma ancora sforniti di fondi sufficienti, ... hanno ridotto la piazza a una dolorosa condizione ...“. 12) Ebenda: „... poiché quelli che compongono le Sessioni di Borsa, non tutti condotti sono da principi d’onore ... Motivi per cui si sugerisce umil- mente, che il Corpo Mercantile di Borsa ristretto venghi in sei ö otto de’ piü rinomati Negozianti, forniti di cognizioni necessarie ..“.

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