Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

GASSER, Peter: Triestiner Handel vor 1790. „Corpo Mercantile“, die Anfänge der Handelsbörse und die Opposition Fiumes

Triestiner Handel vor 1790 251 rarischen Studien in Jena, hatte der am 5. Jänner 1739 zu Dresden gebo­rene Zinzendorf im Jahre 1762 die Stelle eines Kammerrates in Wien erhalten. In dieser Eigenschaft lernte er im Zuge weiterer Dienst- und Studienreisen nicht nur die Erblande und nahezu alle europäischen Staaten, sondern auch einige der größten Geister seiner Zeit, wie David Hume, Rousseau, Voltaire und Linné persönlich kennen. Auf öko­nomischem Gebiet, sowohl theoretisch wie auch durch selbstgewonnene Erfahrungen, bestens beschlagen, trat Zinzendorf Zeit seines Lebens für den Freihandel ein. Nachdem ihm 1772 die Würde eines Geheimen Rates verliehen worden war, erstattete er auf Grund eines längeren Auf­enthaltes in Galizien und in der Bukowina, ausführlichere Berichte über diese neugewonnenen Provinzen. Seine Tätigkeit in Triest umspannte die Jahre 1776 bis 1782. Anschließend zum Präsidenten der Hofkammer, und in der Folge auch zum Mitglied des Staatsrates bestellt, wurde er am 30. Jänner 1800 zum Landmarschall von Niederösterreich und im Jahre 1808 zum Staats- und Konferenzminister ernannt. Zinzendorf starb am 5. Jänner 1813 in Wien. Graf Zinzendorf fand an der Triestiner Börse einiges auszusetzen, so vor allem, daß sie eine ihrer Hauptaufgaben, die sog. „accomanda- menti“ arg vernachlässigt hätte. Unter „accomandamento“ war in diesem Falle eine im Rahmen der Börse einzuleitende Untersuchung zu verste­hen, die bei eingetretener Zahlungsschwierigkeit eines Händlers die Ver­schuldensfrage klären und bei erwiesener Schuldlosigkeit, wenn möglich, einen Ausgleich vor Abtretung des Falles an das Merkantilgericht herbei­führen sollte. Unter der Bedingung, daß der Börse auf weitere fünfzehn Jahre die Pachtung der städtischen Getreidemessungssätze überlassen werde, hatten sich die fünfzehn „börsenmäßigen“ Großhändler bereit erklärt, dem Bör­senaktuar Gabbiati ein jährliches Salär von 500 Gulden aus eigenen Mitteln auszuzahlen9). Zinzendorf lehnte dieses Ansinnen mit der Be­gründung ab, daß unter diesen Bedingungen von einer absoluten Ob­jektivität des Aktuars den übrigen Angehörigen des corpo mercantile gegenüber nicht mehr gesprochen werden könnte. Gabbiati, der sich des öftern darüber beschwert hatte, „daß ihm vor seine bey den Börsen­versammlungen habende viele Müh“ keine Besoldung gereicht werde, in irgendeiner Form zu entschädigen, fand der Gouverneur für billig. Dies könnte aber, wie er u. a. am 16. April 1779 nach Wien berichtete, durch 400 Gulden, die dem Aktuar aus der Stadtkassa jährlich zu überweisen wären, erfolgen. Dieser Besoldungsfrage kam ungeachtet ihrer Berechti­gung eine höhere Bedeutung nur insoferne zu, als sie dem Grafen Zinzendorf den Anlaß zu einer grundlegenden Kritik an der beste­») Ebenda fol. 291 v.

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