Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
GASSER, Peter: Triestiner Handel vor 1790. „Corpo Mercantile“, die Anfänge der Handelsbörse und die Opposition Fiumes
Triestiner Handel vor 1790 249 zugestellt werden sollten, und schließlich, wie schon erwähnt, als Mitglieder des Corpo Mercantile, die Berechtigung, höheren Orts einschlägige, das Commercium betreffende Beschwerden oder Anregungen vorzutragen. Diese Rechte waren den „börsenmäßigen Handelsleuten“ auf Grund der Höhe ihres bei dem Merkantilgericht angemeldeten Vermögens eingeräumt worden, nach der sich auch der zur finanziellen Erhaltung der Börse angeschlagene Beitrag richtete. Die Monopolisierung des Börsebetriebes durch diese relativ kleine, aber kapitalskräftige Schar war bis zu dem Zeitpunkt kein Nachteil, als nur sie über die materiellen und geistigen Voraussetzungen für größere Merkantiloperationen gebot. Untragbar wurde jedoch die Situation, als die „Börsenmäßigen“ den neu in Triest angekommenen vermögenden Händlern den Zutritt zur Börse nur nolens volens gestatten, ein Mitbestimmungsrecht aber auf keinen Fall zubilligen wollten. Aus der ersten im Jahre 1756 abgehaltenen Wahl ging als Direktor der Börse Giacomo Balletti hervor. Der Wahl wohnten als Vertreter der Intendenza die Räte Franz Carl Freiherr de Fin und Pasquale Ricci bei, die auch für die formelle Ernennung gesorgt haben dürften. Nicht alle wahlberechtigten Kaufleute hatten, wie die Intendenza enttäuscht und empört der Hofkammer am 14. Mai 1756 berichtete, an dieser ersten Wahl teilgenommen. Bedauerlich war dieses Desinteressement insoferne, als der von einer längeren Studienfahrt durch Italien zurückgekehrte Giacomo Balletti seinen Erfahrungsbericht nur vor wenigen Zuhörern erstatten konnte. Für unentschuldigtes oder unzureichend motiviertes Fernbleiben von den Börsesitzungen setzte die erzürnte Monarchin in Hinkunft Strafsätze in der Höhe bis zu fünfzehn Gulden fest, die jeweils in die Börsenkasse abgeführt werden sollten 5). Am 10. Dezember 1757 wurden, in Anwesenheit des Intendenzarates Ricci, Giacomo Balletti als Direktor der Börse abermals bestätigt — ein Verfahren das zwar nicht der Börsenordnung, wohl aber den Intentionen der Intendenza offenbar entsprach — und Giuseppe Guissan(i) zum Vizedirektor ernannt. In den nachfolgenden Jahren wechselten sich die Großhändler Giacomo Balletti, Giuseppe Guissani, Giuseppe Bellusco, Bernardino Zois und Ignazio Creitter, als Direktoren bzw. als Vizedirektoren in der Leitung der Börse ab. Unter diesen Männern war Giacomo Balletti, dessen Funktion als Direktor der Börse auf Wunsch der übrigen Mitglieder unter Umgehung der Statuten einige Male verlängert worden war, die profilierteste Persönlichkeit. Als er, Balletti, als Vizedirektor 1759 gemäß den Satzungen für das folgende Jahr zum Börsedirektor bestellt werden sollte, machte er die Übernahme dieser Funktion von der Bedingung abhängig, daß alle Weisungen und Bescheide der Intendenza, nicht allgemein und unpersönlich an die Börse 5) Ebenda fol. 28—29.