Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

PILLICH, Walter: Der Stein- und Siegelschneider Ulrich Schwaiger im Dienste dreier Kaiser

Der Stein- und Siegelschneider Ulrich Schwaiger im Dienste dreier Kaiser 237 1575 beim Kaiser die Supplik um einen Paßbrief zur Übersiedlung von Augsburg nach Wien einzubringen. Die Hofkammer hat diese Bitte Schwaigers am 23. März 1575 an die niederösterreichische Kammer zur weiteren Erledigung weitergegeben, die sich dann dazu äußerte, daß ge­gen die Ausstellung eines Paßbriefes keine Bedenken bestünden. Nur müsse Schwaiger seinen „hausrat und anderes specifizieren, damit nit khaufmanswaar darunter eingemischt“ werde68). Am 13. April 1575 war für Schwaiger der Paßbrief für die zollfreie Einführung seines Hausrates bereits ausgestellt69). Wann Schwaiger zum zweiten Mal nach Wien kam und wie lange er hier verblieb, ist nicht bekannt. — Am 12. Oktober 1576 verstarb Kaiser Maximilian II., und sein Nachfolger Kaiser Rudolf II., der große Kunst­sammler, wurde zugleich auch Anreger und großzügiger Auftraggeber für die kunsthandwerkliche Tätigkeit des alternden Schwaiger. Am 6. Mai 1577 gab der neue Kaiser Befehl, durch den in Wien tätigen Schwaiger ein kaiserliches Majestätssiegel schneiden zu lassen. Am 15. Mai schrieb man deshalb an den gerade in Bruck an der Mur in seiner steiri­schen Heimat sich aufhaltenden Siegelschneider. Sein genauer Wohnort sollte beim Stadtschreiber dieser Stadt zu erfragen sein, ebenso, ob Schwaiger zu dieser Arbeit nach Wien käme oder ob er den kaiserlichen Auftrag in Bruck an der Mur ausführen werde 70). Zweifellos handelte es sich um das große Kaisersiegel der Reichshofkanzlei, das seit 1578 ver­wendet wurde und das an der Kartusche mit „V. S. 1577“ signiert ist. (Abb.) Der Siegelstempel muß ein prächtiges Alterswerk Schwaigers gewesen sein, das heute aber nicht mehr erhalten ist71). Im Jänner 1578 bittet Schwaiger um Weisung, wie er „die zway kay(serlichen) siegeln schneiden solle“72). Hier handelt es sich zweifellos um das mittlere Kaisersiegel der Reichskanzei und eines der kleinen Kaisersekrete. Das mittlere Reichskanzleisiegel schnitt Schwaiger ein Jahr nach dem großen Reichskanzleisiegel und brachte dabei in der Kartusche die Jahreszahl ®8) HKA N.ö. Kammer Einlauf- und Resolutionsprotokoll (=: ER) 1575 107 fol. 375. 61)) HKA Hoffinanz E 1575 319 fol. 104; Hoffinanz Resolutionsprotokoll (= R) 1575 317 fol. 54. 7») HKA N.ö. Kammer R 1577 115 fol. 64. 71) Posse Siegel 3, 23 f, Tafel 36/1. Vgl. hiezu auch den mit „Ch.“ gezeich­neten Artikel Das Privilegienbuch der Stadt Wels in Mitteilungen des k. k. Oest. Museums für Kunst und Industrie 133 (Wien 1876) 173 f. — In einem Aktenstück von 1577 über die Verhandlungen des „Abbruchs“ (= Preisherab­setzung) für das Schneiden der Stempeleisen für die Auswurfpfennige des 1576 verstorbenen Kaisers Maximilian II., die zwei ungenannte Siegelschneider her­stellten, wird u. a. auch Ulrich Schwaiger genannt. Ob Schwaiger an dieser Arbeit auch beteiligt war, geht eindeutig nicht daraus hervor. Jb 13 (1892) n. 9.080. — Für die Herstellung der Fotos bin ich meinem Kollegen Herrn Josef Weihs zu besonderem Dank verpflichtet. 72) HKA Hoffinanz E 1578 339 fol. 3 v.

Next

/
Oldalképek
Tartalom