Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

STAUDINGER, Anton: Bemühungen Carl Vaugoins um Suprematie der Christlichsozialen Partei in Österreich (1930–33)

326 Anton Staudinger nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses demissioniert, hätte sie den Erfolg der Sozialdemokratischen Partei augenfälligst zugegeben und hätte — nach Meinung Seipels — Bundespräsident Miklas dazu gezwun­gen, einen Sozialdemokraten mit der Regierungsbildung zu beauftra­gen 18s). Die Christlichsoziale Partei versuchte nun, eine Regierungs­koalition aller Parteien — außer der Sozialdemokratischen Partei — zu bilden und bot nach prinzipiellem Einverständnis Starhembergs für den Heimatblock durch Klubobmann Buresch dem Nationalen Wirtschafts­block Eintritt in die amtierende Regierung Vaugoin, sollte dieser Vor­schlag abgelehnt werden, die Demission der Regierung Vaugoin und Neubildung der Regierung unter Führung Vaugoins an * 189). Aber gerade auf das Ausscheiden Vaugoins aus der Regierung waren die Bemühungen Schobers ausgerichtet. Auf Grund der vordringlichsten sachlichen Pro­bleme, die zu lösen wären, nämlich Wahl des Nationalratspräsidenten, Entpolitisierung der gesamten staatlichen Exekutive und der Bundes­bahnen, Revision der ungesetzlichen Verwaltungsakte der Regierung Vaugoin, Wahlreform etc. wären „Vaugoin, Starhemberg, Schmitz und Kienböck als Minister unmöglich“ 19°). Die Abgeordneten des Nationalen Wirtschaftsblocks schlossen sich der Haltung Schobers an und verlangten die Demission der Regierung Vaugoin 191). Vaugoin war aber immer noch nicht von der Notwendigkeit seiner Demission überzeugt. Er war sogar bereit, sich im Nationalrat einem Mißtrauensantrag zu stellen192), den Schober namens des Nationalen Wirtschaftsblocks wegen der nicht durchgeführten Demission auch an­kündigte 193). Die Regierungsverhandlungen auf christlichsozialer Seite führte aber nicht mehr Vaugoin, sondern Seipel194), der schon während der Amtsperiode der Regierung Vaugoin den Großteil der Regierungs­arbeit beeinflußt hatte 195). Aber auch Seipel war in seinen Bemühungen sozialen Partei vom 21. November 1930, laut freundlicher Mitteilung Braun im HHStA Nachlaß Schmitz Karton 27. >88) Brief Peter (im Auftrag Seipels) an Mensdorff-Pouilly vom 26. Novem­ber 1930: HHStA Neues Politisches Archiv Fasz. 276. 189) AVA Großdeutsche Volkspartei Karton 7: Protokoll über die 2. Sitzung' des Verbandes der Abgeordneten des Nationalen Wirtschaftsblocks vom 22. No­vember 1930. 18°) Handschriftliche Notiz Schobers vom 20. November 1930: Schober-Archiv Karton 6. 191) Protokoll über die 2. Sitzung des Verbandes der Abgeordneten des Nationalen Wirtschaftsblocks vom 22. November 1930 (wie Anm. 189). 182) Braun Schmitz 197. 193) Protokoll über die 3. Sitzung des Verbandes der Abgeordneten des Nationalen Wirtschaftsblocks vom 26. November 1930: AVA Großdeutsche Volkspartei Karton 7. isi) Ludwig Österreichs Sendung 82 f. i*») Siehe dazu die Protokolle des Ministerrates vom 1. Oktober bis 4. No­vember 1930.

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