Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
AUER, Leopold: 19. Stage technique international d'Archives
Österreich 399 Marine einräumt und sie zu einem echten Zentrum der französischen Archiv Verwaltung macht. (Diesem Fragenkreis waren vor allem die Ausführungen von Simone Rumeau, Guy Dubosq und Francois Dousset gewidmet). Ein streng normiertes System regelt den Aufbau und die Aufstiegsmöglichkeiten einer Hierarchie von Archivaren, an deren Spitze mit dem Generaldirektor der französischen Archive sich ein vom Präsidenten der Republik ernannter und unmittelbar dem Ministére des Affaires Cul- turelles unterstehender Funktionär befindet, der nicht unbedingt aus dem Beamtenkörper der Archive kommen muß. (Im Augenblick André Cham- son, der neben seiner Tätigkeit als Konservator an Museen als Verfasser zahlreicher Romane unter die „Unsterblichen“ der Academie Francaise aufgenommen wurde). Er wird bei seinen Aufgaben von einem Vizedirektor, drei Inspecteurs généraux des Archives und vier Büros (Secretariat, Service du Personnel, Bureau de la gestion et du controle financier, Service technique) unterstützt, die mit der Regelung der Personalangelegenheiten, der Budgeterstellung und der Erteilung von Direktiven an alle französischen Archive betraut sind. Das wissenschaftliche Personal (Gesamtstärke ca. 220 Personen) der Archives nationales und der Archives departementales bildet seit 1. Jänner 1957 einen einzigen Beamtenkörper, innerhalb dessen Versetzungen und Dienstwechsel in andere Archive ohne Behinderung der Vorrückung möglich sind. Seit den Arbeiten der „Commission Hourticq“ im Jahre 1966 ist auch an eine Vereinheitlichung der Laufbahn in Archiven, Bibliotheken und Museen gedacht. Alle Angehörigen des wissenschaftlichen Personals (archivistes-paléographes) sind notwendigerweise Mitglieder der Ecole des Chartes und Absolventen des Stage technique. Zwischen ihnen und den zur Dienstklasse B zählenden sous-archivistes gibt es seit 1959 die der Dienstklasse A angehörigen documentalistes-archivistes, für die ein Lizentiat und ein Diplom, das meist nach Vorbereitungen an der École des Arts et Metiers erworben wird, Vorbedingung sind. Documen- talistes und sous-archivistes sind vor allem mit der Durchführung des „classement“ von Archivalien betraut, das zusammen mit der Inventarisierung und der Anlage von Personen- und Materienindizes eine der Hauptaufgaben der täglichen Arbeit des französischen Archivars darstellt. Neben Inventar und Repertorium, wobei die Bedeutung im allgemeinen eine dem deutschen Sprachgebrauch entgegengesetze ist, treten in jüngster Zeit als Forschungsbehelfe gedachte Archivführer zu bestimmten Sach- fragen (z. B. J. Meurgey de Tupigny Guide des recherches généalo- giques aux Archives Nationales, Paris 1956). Das System des „classement“, das in mehreren Vorlesungen von Jean Rigault, Pierre Marót, Albert Mirot und Gérard Naud erläutert wurde, geht auf die Revolutionsepoche und indirekt auf die Aufklärer des 18. Jahrhunderts zurück. Eine im wesentlichen für alle französischen Archive gleiche Einteilung nach durch Buchstaben bezeichnete Serien erleichtert die Orientierung, sobald man sich das System einmal zu eigen gemacht hat, bringt aber bei der Klassifizierung der Dokumente die Gefahr einer Zerreißung von Beständen gleicher Provenienz mit sich. Auch wenn man seit dem 19. Jahrhundert durch die Einführung des Provenienz