Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
OBERMANN, Karl: Unveröffentlichte Schriftstücke Metternichs vom Sommer 1845 über deutsche Angelegenheiten
394 Karl Obermann Nichtanwendung gesucht werden.“ Allerdings war, wie Metternich meinte, ein neuer Impuls notwendig, um den bestehenden Gesetzen Geltung zu verschaffen, und so sei „in Überlegung zu stellen, von woher nämlich jener Impuls auszugehen hätt e.“ Die Antwort lautete: „Wiedereinberufung der vertagten und nicht aufgelösten Central-Informations-Behörde“, also jener Zentralen Untersuchungs-Kommission, die 1819 auf Grund der Karlsbader Beschlüsse zwecks Verfolgung der Teilnehmer an „Demagogischen und revolutionären Umtrieben“ ins Leben gerufen worden war und in den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts dazu verhalf, Studenten und andere Teilnehmer an antifeudalen fortschrittlichen bürgerlichen Bewegungen in die Gefängnisse zu bringen. In einer solchen Zentralen Untersuchungs-Kommission sah der Staatskanzler ein bewährtes Mittel. Die Wiederbelebung dieser Kommission würde nicht das Gepräge eines neuen, in das Bundeswesen zu legenden Elementes, sondern jenes des Wiederergreifens eines gesetzlichen und bereits erprobten tragen. „Diese wiederbelebte Zentral-Untersuchungs-Kommission“ sollte sich auf die Ermittlung der Tatbestände konzentrieren, also den Behörden das Material für die Verfolgung der Organisatoren und aktiver Teilnehmer an Kundgebungen, Volks- und Bürgerversammlungen und anderen Aktionen liefern. So wird in der „Instruktion“ betont: „Während ihrem ersten Funktionieren hatte die Central-Commission zwei Aufgaben zu lösen: die eine war die Überwachung abzuführender Prozeduren; die andere bestand in der Erhebung und Beleuchtung von Tatbeständen. Von diesen Aufgaben würde augenscheinlich die zweite allein auf den Moment passen. Der wahre Charakter der Wieder-Einberufung der Central-Commission müßte, unter den obwaltenden Umständen, der einer Behörde sein, welche der Bundes-Versamm- lung an die Hand zu gehen hätte: um die Lage der Dinge aufzuklären, und um dieselbe hiedurch zu befähigen, allenfalls nötige Beschlüsse zu fassen.“ In dieser Kommission, die, wie Metternich darlegte, durch eine „Präsidial- Proposition“ wieder ins Leben gerufen werden könne, sah der Staatskanzler das wirksamste Mittel, den Regierungen den notwendigen Rückhalt zur Unterdrückung der Volksbewegung zu geben, die „Lähmung“ der „schirmenden Gewalten“ zu überwinden. Wie in den zwanziger Jahren hoffte der Staatskanzler die antifeudale bürgerliche Bewegung lahmlegen zu können, wenn wieder die Möglichkeit bestände, mit Hilfe der Untersuchungs-Kommission in Deutschland eine Atmosphäre der Verdächtigungen, der Verleumdungen und der Verfolgungen zu schaffen. Die bürgerliche Bewegung hatte bereits eine solche Ausbreitung erlangt, daß nach Meinung Metternichs das Schlimmste zu befürchten sei und zur Aufrechterhaltung der gefährdeten bestehenden „gesellschaftlichen Ordnung“ mit Hilfe solcher Mittel das „Feld“ zurückerobert werden müsse. So heißt es in der „Instruktion“: „So lange der Partei der Bewegung das moralische Feld zur Benutzung, ja selbst zur Verheerung nach Wohlgefallen von den Regierungen preisgegeben wird, werden die letzteren sich in einem Stande der Lähmung befinden, der dem Tode ähnlich sieht und auch zu demselben führt! Auf diesem Felde wuchern heute Gestaltungen der verschiedensten Art, an deren Möglichkeiten selbst besonnene Beobachter der menschlichen Dinge noch vor wenigen Jahren nicht geglaubt hätten, und welche in dem Zwecke der Vernichtung der gesamten gesellschaftlichen Ordnung zusammenfließen.“ Metternich hielt die Presse für die größte Gefahr in Deutschland, da sie der bürgerlichen Bewegung immer größeren Einfluß verschaffe. Daher wird die Presse in der Instruktion in einer äußerst scharfen Form verurteilt. „Es genügt z. B. einer oberflächlichen Würdigung des tötlichen Einflusses, den der Mißbrauch der Presse heute auf die deutschen Staaten ausübt, um sich von