Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

OBERMANN, Karl: Unveröffentlichte Schriftstücke Metternichs vom Sommer 1845 über deutsche Angelegenheiten

390 Karl Obermann gierungen Vertrauen einzuflößen (und ohne Vertrauen gibt es keine Kraft), so wäre dies schon an und für sich ein Vorteil“ 8). Bisher unbekannte Schriftstücke in den Akten des preußischen Mini­steriums der auswärtigen Angelegenheiten gewähren einen Einblick in die politische Tätigkeit Metternichs während seines Aufenthaltes auf Schloß Johannisberg bis zum 9. September 1845. Vor allem zeigen die Schriftstücke, daß der Staatskanzler den Gesprächen mit dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. und Freiherrn von Canitz großen Wert zu­erkannte und ihm sehr daran gelegen war, sie weiterzuführen, um ge­meinsame Schritte gegen die Volksbewegung zu ermöglichen. Der frühere preußische Gesandte am österreichischen Hof, Canitz, der nach Berlin zurückgekehrt war, um das Außenministerium zu übernehmen, besaß das besondere Vertrauen Metternichs. Der Entwurf eines Briefes Canitz an den Staatskanzler vom 29. August 1845 beginnt mit den Worten: „Euer Durchlaucht Schreiben vom 25. d. M. habe ich gestern Abend zu empfangen die Ehre gehabt und eile Hochderselben für diesen neuen Beweis (im Entwurf unleserlich) Vertrauens meinen innigsten Dank zu sagen, indem ich E .D. weiteren Eröffnungen mit dem größten Interesse entgegensehe.“ Obwohl der erwähnte Brief Metternichs vom 25. August nicht vor­liegt, geht aus dem Entwurf der Antwort eindeutig hervor, daß im An­schluß an die Gespräche am Rhein die Maßnahmen gegen die Volksbe­wegung erörtert wurden. Metternich beabsichtigte, seinen Referenten in deutschen Angelegenheiten, Josef Freiherrn von Werner, über Berlin reisen zu lassen. Freiherr von Canitz äußerte sich erfreut über diesen Plan und versicherte, daß er auch die „Zustimmung“ des Königs finden werde. In seinem Brief an Metternich bemühte sich Canitz, ausführlich darzulegen, daß Preußen bereits im Sinne der mit dem Staatskanzler am Rhein geführten Gespräche gehandelt habe, auf Grund der Leipziger Vor­fälle ein Verbot der Volksversammlungen erfolgt sei und die Zensoren der Zeitungen angewiesen wurden „Artikel über die konfessionellen An­gelegenheiten nicht passieren zu lassen“. Canitz bezog sich dabei aus­drücklich auf die von Metternich bezeichnete Aufgabe, „daß die schirmen­den Gewalten den auflösenden entgegentreten“ müßten. Zum Schluß er­klärte Canitz, daß die energischen Maßnahmen gegen die konfessionelle Oppositionsbewegung der Deutschkatholiken und der protestantischen Lichtfreunde besonders deswegen erforderlich seien, weil sie „in ihrem raschen Fortgang von der politischen Temperatur unserer Zeit getragen, alsbald auf das politische Gebiet übergesprungen und als frecher Radi­kalismus hervorgetreten“ seien. Er gab der Hoffnung Ausdruck, bald „in dieser Angelegenheit, die ich für die dringlichste ansehe“, mit Metternich zu einem „Einverständnis zu gelangen“ 9). 8) Ebenda 136—137. ») Deutsches Zentralarchiv (DZA) Merseburg A. A. I. Rep. 5 Nr. 762, betr. die Verhandlungen mit dem kaiserlich-österreichischen Cabinet über die bei

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