Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

OBERMANN, Karl: Unveröffentlichte Schriftstücke Metternichs vom Sommer 1845 über deutsche Angelegenheiten

Unveröffentlichte Schriftstücke Metternichs vom Sommer 1845 über deutsche Angelegenheiten Von Karl Obermann (Berlin) Im Jahre 1845 machte sich überall in Deutschland ein starker Auf­schwung der Volksbewegung gegen das in den Staaten des Deutschen Bundes herrschende feudalabsolutistische Regime bemerkbar. Auf zahl­reichen Bürgerversammlungen, auf Sängerfesten und anderen Veran­staltungen brachten die Teilnehmer ihre Forderungen zum Ausdruck. Der fortschrittliche Publizist Karl August Varnhagen von Ense bemerkte am 8. August 1845 unter Hinweis auf die Reden und Gesangsvorträge eines Sängerfestes in Würzburg: „Man kann dergleichen nicht mehr bezwin­gen, es ist in der Luft, die man einatmet“1)! Im Hinblick auf die Kund­gebung der Deutschkatholiken in Sachsen schrieb Varnhagen von Ense am 17. August 1845: „Die Erbitterung scheint groß, und keine solche, die schnell vorübergeht oder örtlich beschränkt bleibt“ 2). Diese Kundgebung der Deutschkatholiken in Leipzig, einer religiösen demokratischen Oppo­sitionsbewegung von politischer Bedeutung, am 12. August 1845 gegen den Erzherzog Johann brachte offen zu Tage, daß die Volksbewegung breite Massen erfaßt hatte und eine nicht mehr zu unterschätzende Kraft darstellte, von dem ernsten Willen beseelt, ihre demokratischen Forde­rungen durchzusetzen. Der Reise des Staatskanzlers Fürst Metternich nach Deutschland, sei­nem Aufenthalt auf Schloß Johannisberg bei Frankfurt a. M„ dem Zu­sammentreffen mit dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV., kamen in dieser Situation im August 1845 große Bedeutung zu, und diese Reise fand auch in führenden politischen Kreisen große Beachtung. Varnhagen von Ense, der in Bad Kissingen weilte, notierte nach seinen Unterhal­tungen mit verschiedenen hohen Badegästen am 19. August 1845: „Große Unterredung über Deutschlands politischen Zustand, die Stellung des Fürsten Metternich dabei, dessen Ansichten und Erwartungen.“ Hier wur­de die Meinung geäußert, Metternich warte die Gelegenheit ab, „wo mit Erfolg einzugreifen sei“ 3). 1) K. A. VarnhagenvonEnse Tagebücher 3 (Leipzig 1862) 161. 2) Ebenda 180. 3) Ebenda 186.

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