Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
BENNA, Anna Hedwig: Von der erzherzoglichen Durchlaucht zur kaiserlichen Hoheit. Eine Titelstudie
Von der erzherzoglichen Durchlaucht zur kaiserlichen Hoheit 21 Bei diesen Beratungen standen die Meinungen gegeneinander. Colloredo, Khevenhüller und Batthyány hielten es für ein Charakteristikum großer und souveräner Höfe, ihre alten Titel und Etiketten sorgfältig beizubehalten und sich nicht leicht dazu bewegen lassen, davon abzugehen. Als Beispiel dieser Art führten sie Frankreich an, wo der dem Dauphin gegenüber gebrauchte Titel Monsieur weiter beibehalten wurde, obwohl das Wort selbst schon Verallgemeinerung erfahren hatte. Nur kleine Höfe hätten begonnen, ihre Titel zu ändern. Wenn der Wiener Hof mit Änderungen begänne, müßte das den Anschein erwecken, als ob man sich diesen Höfen angleichen wollte. Noch dazu, wo das Erzhaus von solcher Würde und Hoheit sei, daß ihm nicht nur der Titel königliche Hoheit, falls dieser mehr als erzherzogliche Durchlaucht bedeute, sondern noch größere Titel zustünden. Als Argument für die Beibehaltung der erzherzoglichen Durchlaucht führten die Vertreter der traditionellen Ansicht an, man habe bisher das Prädikat erzherzogliche Durchlaucht aus bestimmten Gründen für hoch und einem Königstitel gleich gehalten, da es nur ein erzherzogliches Haus gab. Weder Leopold I. noch Karl VI. hätten sich zu einer Änderung des Titels entschlossen, und auch die Kaiserin habe nach ihrer Vermählung die erzherzogliche Durchlaucht beibehalten, ungeachtet der Tatsache, daß ihr Gemahl jederzeit den Titel einer königlichen Hoheit gebrauchte. Trotz ihrer positiven Einschätzung des bisherigen Titels für die Erzherzoge gaben Colloredo, Khevenhüller und Batthyány zu bedenken, eine Nichtannahme des Titels königliche Hoheit könne das Erzhaus gegenüber anderen Häusern zurücksetzen. Gebrauchten doch die Häuser Holstein und Savoyen bereits diesen Titel. Im übrigen stellte sich für diese drei Gutachter die Frage unter dem Aspekt, ob der Kaiser den Titel königliche Hoheit für höher als den Titel erzherzogliche Durchlaucht erachte. Sollte dies zutreffen, so unterliege es keinem Anstand, sämtlichen Erzherzogen den Titel königliche Hoheit beizulegen '-1). Ulfeld und Kaunitz hielten die Einführung des Titels königliche Hoheit sehr wohl für eine Neuerung, da das Erzhaus ein Stammhaus darstelle und noch kein Kaiser an eine Änderung gedacht habe. Die Einführung eines neuen Zeremoniells für die Erzherzoge und Erzherzoginnen 1749 sei von allen Königen und deren Botschaftern anerkannt worden. Sämtliche Erzherzoge und Erzherzoginnen schrieben sich jetzt königliche Prinzen und Prinzessinnen. Ulfeld und Kaunitz registrierten diese Änderung als ein im Zuge der Zeit liegendes Phänomen, das auch anderwärts zu finden sei. Die Zunahme von Titeln sei überall zu beobachten und werde zum Hinweis, daß auch der Erzherzogstitel ansehnlicher gemacht werden sollte, obwohl er bis jetzt der größte war. Dem Usus der letzten Jahre, daß sich alle Erzherzoge und Erzherzoginnen königliche Prinzen und Prinzessinnen schrieben, habe man schon in früheren Jahrhunderten gehuldigt, in älteren Urkunden fänden sich die Titel natos regios principes Hungáriáé et Bohemiae für die Erzherzoge und natas regias principes Ungariae et Bohemiae für die Erzherzoginnen 121 122). Ulfeld und Kaunitz, die von der Beilegung des Titels königliche Hoheit durchaus keine Schwierigkeiten von seiten der fremden Mächte befürchteten, fanden eine Änderung der Titel, da sich die Erzherzoge und Erzherzoginnen ohnehin königliche Prinzen und Prinzessinnen schrieben, nicht für notwendig, vor allem da nicht gesagt werden könne, daß das Erbrecht erst durch die Pragmatische Sanktion eingeführt worden sei,23). 121) Vgl. oben Anm. 120. 122) vgi. oben Anm. 120 und die Anm. 110 genannte Denkschrift. 12:i) Zu den Erbfolgeordnungen in Ungarn und Böhmen vgl. Gustav Turba Geschichte des Thronfolgerechts in allen habsburgischen Ländern bis zur Pragmatischen Sanktion Karls VI. 1156 bis 1732 (Wien 1903) 223— 312; Dsbe Die