Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

MECHTLER, Paul: Dalmatien und die österreichische Eisenbahnpolitik

Dalmatien und die österreichische Eisenbahnpolitik Von Paul Mechtler (Wien) Das „Königreich Dalmatien“ besaß bei Ausbruch des Ersten Welt­krieges Eisenbahnlinien in einer Länge von 230 km; somit einen Anteil von nur genau 1% an dem gesamten Eisenbahnnetz der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder. Da der entsprechende Anteil bei der Bevölkerung über 2% und beim Flächeninhalt sogar über 4% lag, ist offenbar dieses Land bei der verkehrsmäßigen Erschließung benachteiligt worden. Für diese so unbefriedigende Entwicklung können verschiedene Gründe angeführt werden: abgesehen vom geographischen Aufbau — ein schmaler gebirgiger Küstenstreifen ist an und für sich für den Bau von Eisenbahnlinien nicht günstig (gewisse Parallelerscheinungen zeigten sich auch in Norwegen) — wirkten sich verschiedene innere Spannungen der Donaumonarchie, so unter anderem das Nationalitätenproblem und der Dualismus, in negativer Hinsicht aus. Dazu kam noch, daß es in Dalmatien zum Unterschied von anderen Kronländern wegen der gerin­gen Rentabilität von Stichbahnen selbst in Zeiten der Hochkonjunktur keine private Bautätigkeit gab und daß sich wegen des geringen Steuer­aufkommens keine Gebietskörperschaft irgendwie an der Finanzierung von Eisenbahnbauten beteiligen konnte. Aktenmäßig nachweisbare Bestrebungen für die Anlage von Eisen­bahnen in Dalmatien setzten erst nach 1860 ein; in dem Entwurf eines großzügigen Eisenbahnnetzes für die gesamte Monarchie aus dem Jahre 1854 war Dalmatien nicht berücksichtigt worden. Dr. Anton Bajamonti, der letzte italienische Bürgermeister von Spalato (Split), war wohl der erste österreichische Politiker, der die Bedeutung einer Fernverkehrslinie von der Donau bis zur Adria für den agrarischen Export von Südungarn und Serbien erkannt hatte 1). Am 10. Dezember 1862 wurde Bajamonti auf Grund einer Eingabe vom 11. November die Bewilligung von Vorar­beiten für eine Eisenbahn von Spalato durch die Herzegowina und Bosnien bis Belgrad auf die Dauer eines Jahres erteilt, soweit dieser Linienzug auf österreichischem Gebiet lag 2). 1) Dizionario biografico degli Italiani 5 (Roma 1963) 275—279 mit weiteren bibliographischen Hinweisen. 2) österr. Staatsarchiv, Abteilung Verkehrsarchiv (VA) Ministerium für Handel und Volkswirtschaft (HM) ZI. 8295/1862 und Centralblatt für Eisen­bahnen und Dampf Schiffahrt 1 (Wien 1862) 463.

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