Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
COONS, Ronald E.: Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel: Österreich und die englisch-ostindische Post 1842–1848
158 Ronald E. Coons politischen Einfluß zu verlieren. Es würde gewinnen, wenn sich der Lloyd selbst in Alexandria einrichten würde 38). Kübeck fand in der Staatskanzlei beim Direktor für wirtschaftliche und den Osten betreffende Angelegenheiten, Franz Freiherr von Otten- fels, Unterstützung. Schon 1838, als die Regierung das erste Mal der Sache der Indischen Post ernstliche Aufmerksamkeit widmete, verfaßte Ottenfels ein Memorandum, in dem er die Bedeutung der Dampfschifffahrt für die österreichische Außenpolitik und den europäischen Wettbewerb in der Levante behandelte. Ottenfels’ Bemerkungen von 1838 sind von außerordentlicher Bedeutung, da sie die Basis für spätere Erwägungen in dieser Sache bilden und darauf hinweisen, daß die Staatskanzlei einen gewissen „Bündniswert“ in den Dampfschiffen des Lloyd sah. Neben Österreich, schrieb Ottenfels, gäbe es zwei europäische Großmächte, die durch den Vorzug ihrer geographischen Lage und durch wirtschaftliches Interesse ein scharfes Auge auf die politischen Verhältnisse im Nahen Osten hätten: Großbritannien und Frankreich. Kein Land habe die Wichtigkeit der Dampfschiffahrt zur Ausübung von politischem und wirtschaftlichem Einfluß so schnell erkannt, wie Frankreich. Ottenfels erwähnt, „daß das Mittelländische Meer sich täglich mehr zu einem französischen Bassin gestalte“, eine Entwicklung, die natürlich die Eifersucht und Furcht Englands hervorrief. Diese Tatsache konnte nur zu Gunsten Österreichs wirken, da im Jahre 1838 Ottenfels überzeugt war, daß die Engländer niemals ihre überaus bedeutenden Verbindungen mit Indien in die Hände Frankreichs legen könnten. Daß er sich irrte, schmälerte keineswegs die Bedeutung seines Hauptarguments, daß nämlich England von Österreich nichts zu fürchten hätte. Wenn die zwei Großmächte tatsächlich ihre Kräfte vereinigten, um einen schnellen Verkehr zwischen London und Alexandria über Triest zu errichten, konnten sie die Erreichung einer Vormachtstellung der Franzosen im Mittelmeer verhindern. Ottenfels hoffte, die Indische Post als Basis für ein englischösterreichisches Bündnis im Mittelmeer verwenden zu können 39). Vier Jahre später bekräftigte Ottenfels neuerdings seine Begründung, daß es für die Monarchie absolut notwendig wäre, einen Teil von Englands Postroute nach Indien zu kontrollieren, diesmal in einem Memorandum, das die Frage behandelte, ob englische oder österreichische Schiffe amtliche Depeschen zwischen Triest und Alexandria befördern sollten. Ottenfels war es klar, daß England, mehr denn je von seinen Besitzungen in Asien abhängig, eine sichere Verbindungskette mit Indien 3«) Vgl. Kübeck an Metternich, 8. August 1842: FA 5346/pp ex 1842 und den Vortrag Kübecks vom 11. September 1842: FA 6853/pp ex 1842. 39) „Staatsrath Ottenfels im Novbr. 1838: Über die Frage ob die Oestreich. Staatsverwaltung dem Lloyd austriaco und welche Unterstützung angedeihen laßen soll“: HHStA Administrative Registratur F 38/7.