Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
COONS, Ronald E.: Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel: Österreich und die englisch-ostindische Post 1842–1848
Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel 157 sich entschließen, entweder die englischen Bedingungen anzunehmen oder das Interesse der privaten österreichischen Dampfschiffahrt zu unterstützen. Graf Stadion eröffnete die Debatte. Der Gouverneur, der bis dahin als mächtiger Fürsprecher der privaten Interessen des Lloyd auftrat, ließ nun die Gesellschaft in ihrem Kampf, die englischen Dampfschiffe vom Triester Hafen auszuschließen, im Stich. Er schrieb dem Hofkammerpräsidenten Kübeck im Juni des Jahres 1842, es wäre Österreichs Hauptziel, einen direkten Verkehr mit Ägypten mit allen möglichen Mitteln zu errichten und den englischen Handel mit Indien durch die Monarchie zu führen. Daß die Dampfschiffahrtslinie nach Alexandria österreichisch sein sollte, daß der Lloyd weiterhin sein eigentliches Monopol in der Dampfschiffahrt in der nördlichen Adria behalten sollte, waren untergeordnete Belange. Die wirtschaftliche Zukunft des Küstenlandes und der Monarchie im Allgemeinen erhielt Vorrang vor den engeren Interessen des Lloyd. „Ich habe“, schloß er, „meinen österreichischen Stolz etwas gedehmütigt und mich mit der Idee vertraut gemacht, daß es offenbar im allgemeinen Interesse ist, auf alle Weise die englische Post nach Österreich zu ziehen, und den Engländern zu überlassen die Post herzuschaffen, weil es besser ist eine Nebensache zu opfern um die Hauptsache zu retten, und nur zu häufig Alles verloren geht, wenn man allen Vortheil ausschliessend anspricht“36). Sogar Edlmann, des Lloyd eigener Agent, gab zu bedenken, daß selbst dann, wenn es sich der Lloyd leisten konnte, Schiffe für einen Linienverkehr nach Alexandria zu erwerben, diese denen der Engländer unterlegen wären; er betonte weiters, daß die Gesellschaft die möglichen, ihrer Einstellung entspringenden Konsequenzen in Betracht ziehen müsse: „Was will dann aber der Lloyd, wenn die englische Regierung sagt: We will have the mail on our own steamers? Soll Österreich sagen: Wir erlauben es nicht? Gesetzt dieses, was dann? Nun, so bleibt England bey Frankreich bis es noch ärger wird, und wenn es ärger wird, wird England über die Schweitz nach Genua gehen, oder nach Ancona, wo man ihm dafür danken wird“37). Edlmann hoffte, daß diejenigen, die in Triest der Vernunft ihr Ohr liehen, Druck auf den Verwaltungsrat des Lloyd ausüben würden. Im Gegensatz zu Stadion unterstützte der Hofkammerpräsident Baron Kübeck die Gesellschaft. Er stellte in Abrede, daß es sich die Monarchie leisten könne, auf fremde Dampfschiffe für den Verkehr mit Ägypten angewiesen zu sein oder es den Engländern zu gestatten, mit dem Lloyd zu konkurrieren. Österreich würde Gefahr laufen, vom eigenen Handel mit der Levante ausgeschlossen zu werden und den wirtschaftlichen und *«) Stadion an Kübeck, 20. Juni 1842: FA 4644/pp ex 1842. 37) Vgl. Regensdorff an Stadion, 16. August 1842: FA 6079/pp ex 1842.