Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 21. (1968)

MIYAKE, Masaki: Die Achse Berlin – Rom – Tokio im Spiegel der japanischen Quellen

Die Achse Berlin-Rom-Tokio im Spiegel der japanischen Quellen 425 So stand der neue Ministerpräsident Konoye von Anfang an unter dem Druck der Armee. Konoye beschloß mit Matsuoka den Dreierpakt, der von der Armee schon seit langem begehrt war. Dies geschah aber, so behaup­ten die Verteidiger Matsuokas übereinstimmend, in einer Form, die keineswegs in der Absicht der Armee lag. Außenminister Matsuoka, der bei der Paktierung eine entscheidende Rolle spielte, entfaltete seine eigene Politik, wenn auch dieselbe sehr komplizierter und rätselhafter Natur war, bis zu einem gewissen Grade von der Armee unbehindert oder oft sogar gegen die Absichten und Interessen der Armee gerichtet. Das bizarre und unverständliche Verhalten Matsuokas brachte die führende Schicht der Armee, z. B. den Kriegsminister Hideki Töjö, in Verlegen­heit (III. Anhang, Dokument 1), umso mehr, als es für die leitenden Generäle keine Möglichkeit der Intervention gab. So konnte Matsuoka seine Bewegungsfreiheit einigermaßen sichern. Was die Zielsetzung Mat­suokas bei der Paktierung in Wirklichkeit war, muß mit viel Sorgfalt geprüft werden. In dem folgenden Teil (B) versuche ich, auf Grund der japanischen und auch der europäischen Quellen und Forschungen eine Analyse dieser Frage zu geben 41). (B) Matsuoka und die Idee einer Achse Berlin—Rom—Moskau—Tokio Am 1. 8. 1940 lud Matsuoka, zum ersten Mal seit seiner Ernennung zum Außenminister Japans, den deutschen Botschafter Eugen Ott zum Zusam­mentreffen ein. Wie ein Protokoll dieses Zusammentreffens, das später als Exhibit Nr. 545 bei dem Tokioter Militärgerichtshof vorlag, berichtet, stellte Matsuoka durch Ott Anfragen an Reichsaußenminister Ribbentrop in drei Punkten: 1) Was kann Japan im Hinblick auf seine Politik, eine „Neue Ordnung“ in Ostasien aufzubauen, von Deutschland in Bezug auf die Südseegebiete erwarten? 2) Was will Deutschland in Bezug auf die japanisch-sowjetrussischen Beziehungen leisten? 3) Was will Deutschland in Bezug auf die japanisch-amerikanischen Beziehungen leisten? Welche Hilfestellung kann Deutschland dabei Ja­pan geben? 42) In dem Bericht Otts vom 2. 8. 1940 an das Auswärtige Amt in Berlin finden wir die Tatsache, daß Ott Matsuoka keineswegs richtig verstand und über Matsuokas Anfragen dem Reichsaußenminister nur ungenügend berichtete. Ott teilte dort u. a. Folgendes mit: 41) Zur Endphase des Yonai-Kabinetts und zur Anfangsphase des 2. Konoye- Kabinetts siehe Ernst L. Presseisen: Germany and Japan, a Study in Totali­tarian Diplomacy 1933—1941, Den Haag 1955, S. 243 ff. u. Sommer, a. a. O., S. 349 ff. 42) Öhata u. Hosoya, a. a. O., S. 187 f. Über die Einzelheiten des Zusammen­treffens vgl. Sommer, a. a. O., S. 377 ff.

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