Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 19. (1966)
STRNAD, Alfred A.: Pietro Corsinis Legation an den Kaiserhof. Zu den Beziehungen zwischen Reich und Kurie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
28 Alfred A. Strnad sich dadurch derart gekränkt, daß sie den Kaiser zum Erben ihres Besitzes einsetzten. Mittlerweile aber konnte der Habsburger ungestört in den Besitz von Tirol gelangen; am 5. Januar hatte er, wahrscheinlich von Meinhards baldigem Ableben unterrichtet, Wien verlassen und über Judenburg, Kärnten und das Pustertal sich nach Bozen begeben, wo er am 26. Januar 1363 Margareta, die vor den Wittelsbachern nur bei den Habsburgern Schutz finden konnte, bewog, ihm und seinen noch unmündigen Brüdern das „Fürstentum der Grafschaft Tirol“ mit allem Zubehör als ihren nächsten Blutsverwandten zu übergeben 70). Da der österreichische Herzog schon am 5. Februar vom Bischof von Brixen auch die Investitur mit allen Lehen erhielt, welche die Grafen von Tirol von diesem Stifte besaßen, wagten die Landherren keinen Widerspruch einzulegen, obgleich sie den mächtigen Habsburger nicht gerade gern als neuen Landesfürsten sahen 71). Schon Ende Februar konnte daher Rudolf Tirol wiederum verlassen und nach Wien zurückkehren. Die Erwerbung Tirols durch die Habsburger aber hatte zur Folge, daß Herzog Rudolf IV. nunmehr den Gedanken, den Krieg gegen den Kaiser fortzuführen, auf geben mußte; er mußte ja notgedrungen alle Kräfte Zusammenhalten, um das neugewonnene Land gegen die bayerischen Herzoge zu behaupten. Damit aber war die große Koalition gegen Karl IV. endgültig auseinandergefallen und die Bemühungen König 70) Vgl. dazu Otto Stolz, Geschichte des Landes Tirol (Wien-München 1955) 469—472. Margareta nennt darin die Habsburger die von natürleicher gepurde und dez geslächtes wegen unser aller nächsten und rechtisten erben sind. — Zur Reiseroute Rudolfs IV. über Kärnten, Osttirol, Pustertal nach Meran vgl. die grundlegende Studie von Samuel Steinherz, Die Reise Rudolfs IV. nach Tirol im Winter 1363 (Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 9, 1888) 459—461. Dazu ferner: Franz Wilhelm, Die Erwerbung Tirols durch Herzog Rudolf IV. von Österreich (ebd. 24, 1903) 29—86; und Samuel Steinherz, Margareta von Tirol und Rudolf IV. (ebd. 26, 1905) 553—611. — Zu Margareta Maultasch — der Beiname, der auf ein „böses Weib“ hinweist, ist zeitgenössisch — vgl. außer Huber, Geschichte der Vereinigung Tirols mit Österreich 29—32; noch Stolz, Land Tirol 471 f.; und Hüter, Eintritt Tirols 19 f. — Wichtig ist die Studie von Otto von Lutterot t i, Angebliche Porträts der Margarete Maultasch (Veröffentlichungen des Museum Ferdinandeum 31, Innsbruck 1951) 529—536. 71) Huber, Geschichte der Vereinigung Tirols mit Österreich 87; Hüter, Eintritt Tirols 28. Gleiches tat und widerfuhr dem Bischof von Trient, Albrecht von Ortenburg, der seine Erhebung den österreichischen Herzogen zu verdanken hatte (vgl. Otto Stolz, Das mittelalterliche Zollwesen Tirols bis zur Erwerbung des Landes durch die Herzoge von Österreich 1363. Archiv für österreichische Geschichte 97, 1909, 605 Anm. 4). Nach einem Aufenthalt von etwa fünf Wochen — am 20. Februar urkundet er noch in Brixen, am 28. Februar bereits in Lienz —• verließ der Habsburger zu Ende Februar 1363 wieder das Land, um über Kärnten und die Steiermark nach Wien zurückzukehren. Der Brixner Dompropst, Johann von Lichtenwerth, behielt das Amt eines Kanzlers auch bei Margareta bei und bildete wohl den stärksten Garanten der österreichischen Politik in Tirol (vgl. Huber, Vereinigung 88).