Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

NECK, Rudolf: Sammelreferat. Zeitgeschichte

Rezensionen 691 emsige Aufklärungsarbeit sind festzustellen — dafür zeugt auch das vor­liegende wertvolle Buch. Der Historiker vermißt zu seinem Leidwesen — und das fällt wohl nicht dem Autor zur Last, — den wissenschaftlichen Anmerkungsapparat. Was in dieser Hinsicht verloren geht, verraten das reichhaltige Literaturverzeich­nis und das Personenregister. Walther Ernst Heydendorff (Wien). Schieder Theodor — Hubatsch Walter, Das Jahr 1813 und der Freiherr vom Stein. Freiherr vom Stein-Gesellschaft E. V. Schloß Cappenberg, Schriften Heft 4. Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster/Westf. 1964. 42 Seiten. Die Persönlichkeit des Freiherrn vom Stein findet vor allem auf Grund der umfassenden Studien Kurt v. Räumers immer größere Beach­tung. In der Tat erlangt das Interesse, das man dieser Persönlichkeit in letzter Zeit in Westdeutschland (und auch in der DDR) entgegenbringt, in vieler Hinsicht in der deutschen Situation nach dem Zweiten Weltkrieg ihre aktuelle Rechtfertigung. Das vorliegende Heftchen bringt zwei Vor­träge, die beide von verschiedenen Gesichtspunkten aus die Aktualität der geistigen Erscheinung Steins betonen, ausgehend von dem Jahr 1813, das in der Einleitung als „deutsches Schicksalsjahr“ gekennzeichnet wird und zu dessen 150. Wiederkehr das Schriftchen erschien. Theodor Schieder, der die historische Relation dieses Jahres zum heu­tigen Europa untersucht, stellt Stein den großen Zeitgenossen Napoleon und Metternich gegenüber. Der Autor fühlt selbst das Unzulässige des Vergleichs der Persönlichkeit Napoleons mit Hitler und vermag demgemäß die revolutionäre Haltung Steins gegen die französische Hegemonie in Europa kaum mit den Kategorien des modernen Widerstandsbegriffs zu umschreiben. Dasselbe gilt von Steins Gegensatz zum Rationalismus des österreichischen Staatskanzlers: absolut richtig ist, daß der Freiherr die Kräfte der nationalen und bürgerlichen Emanzipation repräsentiert, in ihrer deutschen, von der deutschen geschichtlichen Überlieferung geprägten Form, die auf der Überzeugung beruht, daß das Gegenwärtige aus dem Vergangenen entwickelt werden muß, damit man ihm eine Dauer für die Zukunft sichern kann. Dies ist die entscheidende Bedeutung Steins und hier trifft man die eigentliche Beziehung seines geistigen Wesens zur Situa­tion der Deutschen im heutigen Europa, die ihrerseits nur eine Folge und Fortsetzung der deutschen Katastrophe im letzten Krieg ist. Daß bei der sehr differenzierten Haltung der deutschen Intelligenz des Jahres 1813 schon damals manches am Anfang dieses Weges ins Unheil stand, übersieht Schieder keineswegs. In seinem kürzeren Beitrag geht W. Hubatsch, der Neuherausgeber der Werke Steins, auf den konkreten historischen Verlauf des Jahres 1813 ein mit besonderer Berücksichtigung der hervorragenden europäischen Rolle des Freiherrn im Kampf gegen Napoleon als eine folgerichtige Fortsetzung seiner Tätigkeit in Preußen von 1807/08. Frühzeitig tut sich zwischen ihm und Metternich eine unüberbrückbare Kluft auf. Als Motor der frühlibe­ralen Reformen wie der nationalen Erhebung, dessen Vaterland nun 44*

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