Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

NECK, Rudolf: Sammelreferat. Zeitgeschichte

686 Literaturberichte Wenn wir auch auf die Publikation Jedlickas über den Juli 1934 vorläu­fig noch ein wenig warten müssen, so liegt jetzt andrerseits endlich seine langersehnte Studie über den 20. Juli 1944 in Wien vor. Wiewohl das Thema m. E. für die österreichische Zeitgeschichte bei weitem nicht die Bedeutung hat wie die Ereignisse in Wien zehn Jahre früher, sind die Ergebnisse dieser gründlichen Untersuchung Jedlickas doch von eminenter Wichtigkeit und zwar weniger die militärischen als die politischen. Daß die Aktion des militärischen Widerstandes gerade in Wien so klaglos funktionierte, lag nicht zuletzt an der prekären Situation, in der sich die nationalsozialistische Herrschaft in Österreich und in Wien im besondern befand. Wir finden in der Darstellung des Verf. hinreichende Beweise, daß sich die Wiener Be­völkerung und namentlich die Arbeiterschaft in den Industriegebieten seit dem Sommer 1944 praktisch im offenen Aufruhr gegen die Deutschen be­fand. Man wußte, daß Österreich seine Unabhängigkeit bald wieder gewinnen werde. Daran änderten letztlich alle Kontaktversuche des deutschen Wider­standes zu österreichischen Gesinnungsgenossen auch in der Folge nichts mehr. Insofern ist der 20. Juli 1944 in Wien zwar symptomatisch, aber histo­risch letzten Endes nicht wirksam. Diese Erkenntnis drängt sich dem Leser der interessanten Studie Jedlickas auf. Wir wollen hoffen, daß es ihm bald möglich ist, die historisch viel bedeutenderen Vorgänge vom Juli 1934 in einem umfangreichen Werk ausführlich zu beleuchten. H o r y Ladislaus und B r o sz at Martin, Der kroatische Ustascha-Staat 1941— 1945. 183 Seiten mit einer Karte. — Geißler Rolf, Dekadenz und Herois­mus. Zeitroman und völkisch-nationalsozialistische Literaturkritik. 168 Sei­ten. Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Nr. 8 und 9, beide Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1964. Das Münchner Institut für Zeitgeschichte gibt neben seiner Viertel­jahresschrift u. a. auch eine eigene Schriftenreihe mit umfassenden The­men, die den Rahmen eines bloßen Zeitschriftenaufsatzes überschreiten, heraus. Die vorliegende Nummer 8 behandelt ausführlich das von den Achsenmächten nach der Niederlage Jugoslawiens in Kroatien installierte Marionettenregime der Ustascha. Einer der beiden Autoren (Hory) hat als ungarischer Generalstäbler und Verbindungsoffizier viele der geschilderten Ereignisse aus nächster Nähe miterlebt. Sein ursprüngliches Manuskript hat Broszat auf Grund umfangreicher Studien des deutschen Aktenmate­rials und auch der jugoslawischen Publikationen nach dem Zweiten Welt­krieg ausgearbeitet und erweitert. Die Untersuchung ist deshalb für uns von größerem Interesse, weil bei der nationalsozialistischen Besatzungs­politik in Kroatien auch viele österreichische Nazi als Experten usw. mit­gewirkt haben. Die Verf. behandeln eingangs die Vorgeschichte des großkroatischen Nationalismus seit der Zeit der Habsburgermonarchie und besonders zwi­schen den beiden Weltkriegen, als die Ustascha als illegale Kraft im König­reich Jugoslawien ihre Tätigkeit auf nahm. Ihr Führer Pavelic hatte zu­nächst engere Beziehungen zu Italien. Nach der Niederwerfung Jugoslawiens durch Hitler und unter dem Eindruck der offensichtlichen Schwäche Italiens verstärkte sich naturnot­wendig der deutsche Einfluß, obwohl Hitler im Anfang noch gern seinem

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