Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

THOMAS, Christiane: Die Bergung der kaiserlichen Kunstschätze und des Archivs 1866

306 Christiane Thomas ersten Stockes, der feuergefährdet war, erwiesen sich daher als nicht er­forderlich. Allerdings waren auf Wunsch der Kommissionsmitglieder einige Verbesserungen vorzunehmen, die die Schloßinspektion in 5—6 Tagen durchzuführen hatte: die Teilungswände, die bisher nur Plankenhöhe er­reichten, sollten bis zur Wölbung der Decke emporgezogen und auf Mauer­dicke verstärkt, die Fenster innen mit eisernen Balken und einer einzu­legenden Stange ausgestattet und die hölzernen Türen in eiserne Tore mit zwei Vorhängschlössern umgewandelt werden. Raymond beantragte die Ge­gensperre aller Räume durch den Direktor der Familienfondskassa, Hof rat Seifert. Für die Archivmaterialien und die Ministeriumsakten wurden zwei abgesonderte „Nebenlokalitäten“ mit eisernen Fensterläden und eige­nem Eingang in Aussicht genommen. Um jeglichen Zutritt von Feuchtig­keit zu unterbinden, wurde der Boden mit Bohlen belegt, auf denen die Kisten ruhten85). Von den übrigen Beständen zu trennen waren auch die „Effekten“ der kaiserlichen Familie, die mit der Bahn in Ofen eingetroffen waren und „denen die Einlagerung im Zeughause füglich nicht verweigert werden konnte“ : so vermehrte sich die geborgene Fracht um 65 Kisten des Erzherzogs Albrecht, 15 Kisten des Erzherzogs Karl Ferdinand, zwei Kisten des „Herzogs von Württemberg“ 86), vier Kisten des Erzherzogs Wilhelm, vier Kisten des Erzherzogs Leopold, 23 Kisten des Erzherzogs Rainer und 43 Kisten des Herzogs Ferdinand von Modena. Einzig und allein die Kisten der Kaiserin Elisabeth, die auf dem Wasserweg mitgeführt worden waren, wurden in das Zeughaus geschafft; alles andere wurde in den Schiffdepots belassen87), da die Reparaturen am Zeughaus eine Auf­stellung der Gegenstände nicht erlaubten. Klemm wurde allerdings schon am 18. Juli versichert, daß mit einem baldigen Abschluß der Umbauten gerechnet werden könnte 88). Mit dem 21. Juli wurden alle künftigen Lagerungspläne illusorisch: das Zustandekommen eines vorläufig auf fünf Tage befristeten Waffen­stillstandes, der mit dem 22. Juli beginnen sollte und dem am 26. Juli die Fixierung des Präliminarfriedens von Nikolsburg folgte, ließ hoffen, daß sich neue Abmachungen zum Schutze der Schiffsladung erübrigten. So fiel auch die in Wien festgelegte Regelung, daß die Sammlungsbeamten im Zuge der Ausladung die ihrer Fürsorge anvertrauten Objekte formell dem Transportführer Raymond übergeben und nach Wien zurückreisen sollten: bis zum 14. August, dem Tag, an dem Grünne in „allerhöchstem Aufträge“ telegraphisch die Rückkehr aus Ungarn anordnete, waren alle Transport­begleiter in Ofen anwesend89). In gebotener Eile lud man die Kisten der 85) KA 1866, Nr. 174. 86) Wohl Prinz Friedrich von Württemberg, der als Generalinspektor der württembergisrihen Truppencorps am 1. Juli in Wien angekommen war, um zum Hauptquartier der Nordarmee weiterzureisen. ZA Prot. 78, 1866, S. 54. 87) ZA Prot. 78, 1866, S. 69 f. 88) KA 1866, Nr. 174. 89) ZA Prot. 78, 1866, S. 70 f. und OKäA 1866, Rubrik 53, Nr. 1129.

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