Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

THOMAS, Christiane: Die Bergung der kaiserlichen Kunstschätze und des Archivs 1866

Die Bergung- der kaiserlichen Kunstschätze und des Archivs 1866 303 Friedensakten“0), sowie auf die Pragmatische Sanktion bezügliche Doku­mente zur Verpackung bereit gehalten. Zusätzlich wurden Faszikel der Großen Korrespondenz (z. B. Korrespondenz Cobenzl), der Bestand Reichs­krieg gegen Frankreich und Teilbestände aus den sogenannten Staaten­abteilungen — vornehmlich Frankreich, Polen, Rußland, Brandenburgica und Saxonica mit dem Schwerpunkt auf dem Schriftenmaterial des 18. Jahr­hunderts — genannt. Unter dem Sammeltitel „Staatskanzlei-Akten“ kann man die Reihe der Vorträge, den Notenwechsel, vielleicht sogar die Ab­teilungen Provinzen und Interiora vermuten. Bei einer zweiten, von Oberststallmeister Grünne einberufenen Bespre­chung der Kanzleidirektoren wurde nunmehr die genaue Anzahl der „Collis" vorgelegt, die auf einem Schleppschiff der DDSG verfrachtet werden sollten. Als Leiter des Schiffstransportes forderte Grünne den Hofsekretär und Zeremoniell-Protokollführer Franz von Raymond an87). Da das Oberst­stallmeisteramt nicht bereit war, die Überwachung des Flüchtungsgutes während der Schiffahrt durchzuführen88), würde je ein Beamter der be­treffenden Sammlungen als für sein Fachgebiet verantwortlicher Begleiter nach Ofen mitreisen, erst dort offiziell gegen Empfangsbestätigung Ray­mond die entsprechenden Kisten aushändigen, nach ihrer sorgfältigen Un­terbringung seine Dienststelle darüber informieren und sodann nach Wien zurückkehren“9). Seidl und Hörnes ließen es sich nicht nehmen, als Vor­stände ihrer Kabinette persönlich die Schiffsreise mitzumachen; die Am­braser Sammlung und das Münz- und Antikenkabinett wurde durch den Kustos Sacken vertreten, das Archiv delegierte den Kanzlisten Klemm, dem in seiner Instruktion von der Archivdirektion besonders eingeschärft wurde, sich in Ofen mit dem Beamten der Schatzkammer in Verbindung zu setzen 70). Ähnlich wie im Falle der böhmischen Kroninsignien wurde, um mög­lichst unauffällig vorzugehen, die Nacht vom 11. auf den 12. Juli für die Zubringung aller Kisten von ihren verschiedenen Aufladeplätzen zur Lan­dungsstelle Kaisermühlen bestimmt. Jeder der vom Oberststallmeisteramt ab- gesandten Wagen wurde von einem Soldaten, jede Abteilung von einer Charge eskortiert71). Um Mitternacht wurden die Ambraser Kisten vom Unteren Belvedere abgeholt; man fuhr über den Josefsplatz, wo sich der Wagen des Münzkabinetts dem Konvoi anschloß72). Aus der Burg kam der Zug mit den Gegenständen der Schatzkammer. Die 120 Kisten des Archivs ge­leitete Arneth um 2 Uhr morgens an die Donau. Anschaulich schildert er ““) Bei der zweimaligen Anführung von Friedensakten fehlen Hinweise auf die Provenienz Reichskanzlei, Staatskanzlei oder Mainzer Erzkanzler archív. 87) ZA Prot. 78, 1866, S. 64. “8) KA 1866, Nr. 172. ““) ZA Prot. 78, 1866, S. 65 und KA 1866, Nr. 173. 7») KA 1866, Nr. 173. 71) ZA Prot. 78, 1866, S. 65 f. «) Ant. A. F. B.

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