Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

THOMAS, Christiane: Die Bergung der kaiserlichen Kunstschätze und des Archivs 1866

Die Bergung der kaiserlichen Kunstschätze und des Archivs 1866 297 im Bewußtsein Seidls noch der Charakter der Schatzkammer als eines Kuriositäten-, eines Kunst- und Wunderkabinetts vergangener Jahrhunderte nach43). Der Oberstkämmerer stimmte dieser Anregung jedenfalls nicht zu. Unverständlich und befremdend ist, daß mit keiner Silbe das eine der „beiden unveräußerlichen Erbstücke des Hauses Habsburg“ erwähnt wird, die seit 1564 „einen besonders kostbaren Teil der Schatzkammer bilde­ten“ 44): das 243 cm lange „Ainkhürn“ wird weder auf die Vorschlagsliste Seidls noch auf die Transportliste eingetragen. Eine wesentliche Bereiche­rung wurde durch Hinzuziehung kleinerer und kleinster Pretiosen erzielt. Die in den Tagen des 8., 9. und 10. Juli zurechtgemachten acht Schatzkam­merkisten 45 46) enthielten: Kiste 14C) : eine Kassette mit dem Schmuck der Kaiserin-Mutter Caro­lina Augusta 47); zwei Marschallstäbe; flache, herzförmige Schale aus grau­braunem Achat (Ps. 1692); „Wermutkrügel“ aus Jaspachat (Ps. 2018 oder 2026); Schwurkreuz des Ordens vom Goldenen Vließ (Schk. XVIII 107/1); vier goldene Leuchter (Ps. 1281—1284) ; Schüssel aus Platten von Sar­donyx (Ps. 1870); Schüssel aus 17 Achatplatten (Ps. 1958); den öster­reichischen Erzherzogshut; zwei Kartons und ein längliches Etui mit den Pretiosen, die in der Kassa der Schatzkammer geordnet waren. Gelbpolierte Eichenkiste: den gesamten kaiserlichen Privatschmuck; die Rudolphinische Krone (Schk. XI a 1); Goldplatte mit Emailmalerei des Charles de Boit: Kaiser Leopold I. im Kreise seiner Familie (Ps. 3242); die goldenen Bestecke: 2 große und 4 kleinere Vorleglöffel, 4 Eßlöffel, 16 Dessertlöffel, 8 Gabeln, 8 Messer, 8 einfache und 2 doppelte Salzfässer, 2 Eierbecher (heute nicht mehr vorhanden) ; Golddose mit Diamantchiffren Maria Theresias und Franz I. Stephan (Ps. 1604); Aquamarin (Ps. 1911); Opal (Schk. XI a 52); Haaramethyst (Schk. XI a 53); Hyazinth „La Bella“ (Schk. XI a 51); Miniaturenbuch des Georg Hufnagel (Ps. 975); Kassette mit 25 Monsterperlen; Madonna, aus einem Hyazinthen geschnitten (Ps. 1732); Becher aus orientalischem Granat (Ps. 1939 oder 1988); das soge­nannte Horoskop-Amulett Wallensteins (Ps. 776); Emailanhänger (ehe­mals Ps. 2088); Email-Anhänger, darstellend die Auferstehung Christi (Ps. 1596); Email-Anhänger, darstellend Maria Immaculata (Ps. 1606); 43) Julius von Schlosser spricht von ihr als einem Kunst- und Wunderkabi­nett, das selbst im 19. Jahrhundert ein „fürstliches Privatmuseum mittelalter­licher Art“ ist. Julius von Schlosser, Kunst- und Wunderkammern der Spät­renaissance (Leipzig, 1908), S. 82. 44) Fillitz, S. 29 f. Die sogenannte „Gralsschale“ war in das Münz- und Antikenkabinett übersiedelt. Übersicht, S. 9. 45) OKäA 1866, Rubrik 65/3, Nr. 1338. 46) Schka. Fasz. 20, 1866, Nr. 44. 47) Hierunter ist der persönliche Privatschmuck der Witwe Kaiser Franz I. und nicht etwa Pretiosen des in der Schatzkammer befindlichen Familien­schmuckes zu verstehen. Als nicht mehr regierende Herrscherin war Carolina von der Benützung des Fideikommißschatzes ausgeschlossen. Ihr Besitz an Ge­schmeide ist als „Depotgut“ der Schatzkammer zu definieren.

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