Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

THOMAS, Christiane: Die Bergung der kaiserlichen Kunstschätze und des Archivs 1866

292 Christiane Thomas Die Direktion der Gemäldegalerie — zur Beratung im Oberstkäm­mereramt noch hinzugezogen — wurde von dem Auftrag des „vorläufigen Einpackens“ nicht berührt: Franz Joseph wünschte ausdrücklich, „daß die k. k. Gemäldegallerie nicht zu betheiligen ist, daß somit keines der Gallerie- gemälde von seiner Stelle genommen ... werden darf.“ Selbst die Öffnungs­zeiten für Besucher dürften nicht eingeschränkt werden: „die Gallerie kann somit bis auf Weiteres an den gewöhnlichen Einlaßtagen geöffnet wer­den“ * 24). Was war die Ursache für diese Ausschaltung? Wenn nicht ge­nügend Kisten zur Verpackung vorhanden gewesen wären, hätte man eine ausreichende Neulieferung beantragen müssen. Auch das Archiv verrech- nete dem Ministerium rund 200 Gulden für die Anfertigung von 83 neuen Kisten25 * * 28). Konnten aber in einer so geringen Zeitspanne Hunderte von Kisten, die doch in den Maßen — entsprechend den verschiedenen Formaten der Bilder — variierten, zur Verfügung gestellt werden? Die Insignien und das Kunstgewerbe der Schatzkammer fanden in 8, die Münzen, Bronzen und Goldfunde der Antikensammlung in 4, die Waffen der Ambraser Sammlung in 3 Kisten Platz — hingegen war jedes Bild als Einzelstück zu verpacken. Oder fürchtete man, besonders großformatige Gemälde auf dem Schiff gar nicht lagern zu können? Dies sind nur Vermutungen — der Akt des Oberstkämmereramtes an Direktor Engert führt keine Begründung an. So engte sich der Kreis der Hofsammlungen für den Donautransport auf Schatzkammer, Ambraser Sammlung, Münz- und Antikenkabinett und Mineralienkabinett ein 2(i). Für die Kabinettsvorstände bedeutete die Auswahl der Bergungsobjekte eine schwierige, ja sogar unangenehme, von hoher Verantwortung belastete Tätigkeit — wie es schon Erb in seinem Ansuchen angedeutet hatte. Immer­hin übernahm der Oberstkämmerer durch den Vorbehalt der ihm zustehenden endgültigen Bestätigung einen Anteil an den Bemühungen seiner Beamten. Die Problematik der ersten Selektion aus Zehntausenden von Kunstwerken minderte dieser Umstand jedoch nicht. Das Kriterium für die Aufnahme eines Gegenstandes in das Verzeichnis sollte sein „Wert“ sein: wie viel­fältig ließ sich das Wort „wertvoll“ interpretieren! Wie unendlich vor­kämmerer verwahrte in seinem Amt bis zu 100 Schmuckstücke als Vorrat, um ohne Verzögerung auf Wunsch des Kaisers, der sich „zu ganz ungewöhnlichen Stunden“ um Pretiosen für Diplomaten an ihn wandte, ein passendes Präsent vorlegen zu können. Schka. Fasz. 14, 1849, Nr. 60. 24) OKäA 1866, Rubrik 53, Nr. 1033. Die übrigen Hofsammlungen wur­den für Besucher gesperrt. Antikensammlung, Akten Flüchtung 1866 (hinfort: Ant. A. F.) C. 25) HHSTA, Archivbehelf 469 a, föl. 22U 28) Für diese Sammlungen finden sich Unterlagen in den Rubriken des OMeA und des OKäA. Es würde zu weit führen, alle zusätzlichen Teilbestände der Bergung mit derselben Ausführlichkeit zu behandeln. Siehe unten, S. 304, wo die Gesamtladung des Donauschleppers notiert wird. Die öffentlich zugäng­lichen Hofsammlungen und das Staatsarchiv sollen als einprägsame Beispiele herausgegriffen werden.

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