Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels

Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels 265 zeitig die nötigen Vollmachten zur Ausarbeitung eines neuen Vertrages zukommen zu lassen. Im Grunde war nur an eine Erneuerung des alten Vertrages gedacht, doch sollten einige Modifikationen bei der Abfassung der neuen Artikel geltend gemacht werden, die wünschenswert erschienen, besonders seitdem es den Hansestädten gelungen war, einen vorteilhaften Handelsvertrag unter Dach zu bringen133). Die politische Lage für die Aushandlung eines neuen Vertrages war nicht günstig. Man fühlte sich in Brasilien durch die verschiedenen Staaten gewährten Handelsprivilegien benachteiligt. „Die Deputiertenkammern haben den Grundsatz aufgestellt“, schrieb Daiser am 8. Juni 1834, als er daran ging, die Verhandlungen wegen eines neuen Handelsvertrages aufzunehmen, „künftig keine neuen Handels­verträge abzuschließen und die bestehenden nach dem Ablaufe ihrer Zeit nicht wieder zu erneuern und zwar aus dem Grunde, weil selbe nur den Fremden Vortheile bringen, weil ein freies Volk durch keine Verträge gebunden sein soll und was dabei unsinniges neuliberales Geschwätz mehr ist. Bei dieser Haltung war es nicht ratsam, zu früh mit dem Ansinnen herauszurücken. Ein mündliches Versprechen, daß man geneigt sei, den alten Handelsvertrag zu erneuern, führte zu einer Erwähnung dieser Sache in der Kammer, die Diskussion darüber ist aber noch nicht abgeführt. Man wird aber darauf bestehen, daß alle Nationen gleichgestellt und keine mehr begünstigt sein soll. Die Reziprozität in der Behandlung der Schiffahrt wird wenig beachtet werden, denn die brasilianische Schiffahrt steckt noch in den Kinderschuhen. Übrigens erlaube ich mir, die Meinung zu äußern, daß eine vertragsmäßige Zusicherung, immer wie die begünstigste Nation behandelt zu werden, in aller und jeder Hinsicht nicht nur das Einzige ist, was wir erlangen werden, sondern auch das einzige wirklich Nöthige und Wichtige. Der brasilianische Handel stand bisher unter dem Druck des englischen Übergewichtes, dies zu beseitigen, will man keiner Nation Ausnahmen gewähren, weil sie England dann sofort auch verlangen würde“ 134). Wichtiger als Handelsvertragsartikel scheint der k. k. Vertretungs­behörde in Brasilien der Ausbau des Konsularwesens und die Ansiedlung mehrerer österreichischer Handlungshäuser. „Das einzige österreichische Haus“, meint der k. k. Geschäftsträger, „ist das des Herrn Buscheck in Bahia, das allmählich aufzublühen beginnt. Aber die Kräfte eines einzigen Hauses sind zu schwach, um dem nationalen Handel wirklich Aufschwung zu geben, dieses kann nur erreicht werden, wenn mehrere Häuser sich hier niederlassen und eine Gesellschaft bilden, in Rio eine Faktorei einrichten mit Zweigstellen in Bahia, Pernambuco, Ayres, Valparaiso. Der Handels­geist im Großen muß sich entwickeln, sonst bleibt der günstigste Artikel eines Handelsvertrages ein todter Buchstabe. Ich erlaube mir diese Be­merkung, weil es mir nur zu sehr bekannt ist, wie leicht der Handelsstand 1S3) St.K. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 24, Weisung vom 31. Jänner 1834. 134) Ebenda, Bericht Nr. VII ddo. 8. VI. 1834.

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