Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
264 Richard Blaas die Nachteile des Honorarkonsularwesens sah man klar ein, der österreichische Handel war aber nach Meinung der offiziellen Vertretung noch nicht so weit entwickelt, daß es sich gelohnt hätte, effektive Konsulate einzurichten, so wurschtelte man mit den ehrenhalber bestellten Handelsleuten weiter, sie erfüllten im großen und ganzen ihre Aufgabe zur Zufriedenheit des Handels 13°). Baron Mareschal war 1830 zurückberufen worden, weil Wien sich durch die Politik Pedros I. brüskiert fühlte. Durch die Rückberufung des Gesandten wollte man Pedro deutlich die Mißbilligung seiner Vorgangsweise aus- drücken. Daiser kam Ende Mai 1830 nach Rio de Janeiro und Mareschal verließ nach einem mühevollen elfjährigem Aufenthalt das Land. Daiser war nur als Geschäftsträger akkreditiert und sollte im Falle eines Umsturzes und der Ausrufung der Republik das Land mit den kaiserlichen Kindern verlassen. Da für ihn kein österreichisches Kriegsschiff bereit gestellt werden konnte, sorgte der Wiener Hof dafür, daß ihm ein englisches Schiff für alle Fälle zur Verfügung stand m). Pedro I. hatte bei der Nation seinen ganzen Kredit verwirtschaftet und mußte 1831 abdanken und das Land verlassen. Für den unmündigen Pedro II. wurde eine Regentschaft eingesetzt. Der Handel war in diesen ersten unruhigen 30er Jahren wieder stark zurückgegangen. Doch erholte er sich wieder beträchtlich und hatte 1835/36 wieder ein beachtenswertes Volumen erreicht. Der k. k. Geschäftsträger Daiser richtete seine Blicke, wahrscheinlich von Franz Scheiner darauf gestoßen, jetzt auch auf die übrigen südamerikanischen Republiken, „welche Länder dem Handel des europäischen Festlandes beinahe gänzlich unbekannt sind und wo daher die Konkurenz mit anderen Nazionen außer England weniger nachtheilig ist. Dieses müßte aber bald geschehen, denn die Aufmerksamkeit fängt an, sich dahin zu richten“ 130 131 132). Unterdessen war die Geltungsdauer des 1827 abgeschlossenen Handelsvertrages abgelaufen und man beeilte sich von Wien aus, Daiser recht130) Über den Aufbau des Konsulatswesens in Südamerika vgl. St.K. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 24, Bericht Nr. VII ddo. 13. Juli 1835 wo Daiser ausführlich über den Konsulatsdienst spricht. „Es bleibt daher immer das Zweck- massigste, tüchtige, gut akkreditierte und an ihrem Aufenthaltsorte angesehene Handelsleute der ersten Gattung mit der Consularwürde zu bekleiden. Da wir aber in ganz Südamerika nur ein einziges österreichisches Haus haben, nämlich jenes der Herren Buschek und Breisky in Bahia, so sind wir genötigt, uns an Handelsleute fremder Nationen zu wenden.“ 131) St.K. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 22, Weisung vom 30. I. 1831 und vom 23. Juli 1831 Nr 2. 132) Baron Daiser hatte bereits in seinem schon erwähnten Bericht vom 30. Nov. 1830 (Anm. 124) auf den Handel mit den ehemaligen spanischen Kolonien Südamerikas aufmerksam gemacht. Es ist Franz Scheiner, der schon 20 Jahre in Brasilien weilte und mit seinem Handelshaus Brittain, Scheiner & Co. den Südamerikahandel genau kannte, der den k. k. Geschäftsträger auf diesen ausbaufähigen neuen Handelsmarkt hinwies. „Die blose Aussicht mit Österreich vorläufig auch nur in Handelsverbindungen zu treten, versichert den öster. Kaufmann in den ehemaligen spanischen Kolonien eine gute Aufnahme“.