Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels 245 Kenntnisse in Merkantilsachen, welche Johann Weber in verschiedenen Aufsätzen an Tag gelegt und die mannichfaltigen Dienste, welche er bei mehreren Gelegenheiten der k. k. Mission mit Bereitwilligkeit und gutem Erfolge geleistet hat, bürgen dafür, daß er dem in ihm gesetzten Vertrauen bestmöglich entsprechen werde“ 89 90). Herr WTeber, den dieses Angebot ehrte, sah sich aber außerstande, das ihm angebotene Amt zu übernehmen. Er hatte bereits begonnen, seine Zelte in Rio de Janeiro abzubrechen und seine Verbindlichkeiten zu liquidieren. „Die großen Verluste“, schrieb er am 26. April 1821 dem Gesandten als Antwort auf das Angebot des Konsulatspostens, „welche ich und meine Freunde durch den unglücklichen Erfolg, den verschiedene Unternehmungen hatten, die ich in den Jahren 1818 und 1819 zwischen Triest und Rio de Janeiro einleitete, erlitten und die leider sehr theuer erkaufte Überzeugung, das wir ohne besondere Begünstigungen, welche den österreichischen Schiffen hier zugestanden werden müßten, von Triest aus durchaus nicht mit einer hinlänglichen Anzahl von unseren Erzeugnissen, um ganze Schiffsladungen zu bilden, auf diesem Markte concurrieren können, zwangen mich, mein hiesiges Etablissement, welches mich bei der strengsten Ökonomie jährlich gegen 8000 fl. C. M. kostete, ganz eingehen zu lassen, mich von Geschäften zurückzuziehen und mich einzig mit der Liquidation meiner Rechnungen zu beschäftigen“ "). Der Gesandte Stürmer hatte kaum noch Zeit und Möglichkeit zu einem Handelsgespräch mit der Regierung. Die politischen Ereignisse überstürzten sich. Der König fühlte sich in Rio de Janeiro seines Lebens nicht mehr sicher. Die Wogen der konstitutionellen Bewegung schienen alle Dämme zu überfluten und in völlige Anarchie einzumünden. Anläßlich der ersten Distriktswahlen kam es am 21. April neuerlich zu schweren Ausschreitungen. Die Wahlmänner, die zur Wahl der Abgeordneten für die Cortes in Lissabon zusammengerufen worden waren, konstituierten sich als Nationalkonvent, der Abgesandte zum König schickte mit der Aufforderung, sofort die spanische Konstitution von 1812 zu gewähren. Ein Volkshaufe drang in das Schloß ein, und der verängstigte König unterschrieb alles, was man von ihm wollte. In dieser für die Monarchie kritischen Situation rettete der Kronprinz durch sein entschlossenes Auftreten die Krone. Er ließ durch ihm ergebene Truppen den Nationalkonvent mit Waffengewalt auseinandertreiben. Johann VI. befand sich nun tatsächlich in emer ähnlichen Lage wie vor 14 Jahren, als er bei Nacht und Nebel aus Lissabon flüchtete; seine Abreise aus Brasilien glich eher einer Flucht als einer freiwilligen Rückkehr nach Portugal. Am 24. April bestieg er dasselbe Schiff, daß Leopoldine nach Brasilien gebracht hatte. Zwei Fregatten und neun Transportschiffe begleiteten das Linienschiff S. Joäo. Mit dem königlichen Hof kehrten 3000 Menschen mit nicht unbeträchtlichen Schätzen nach Lissabon 89) Ebenda und Hofkammerarchiv KHK. rote Nr. 1260, ZI. 542 ddo. 6. Juni 1820 und rote Nr. 1261, ZI. 610 ddo. 23. Juni 1820. 90) Schreiben des Herrn Weber an Baron Stürmer, Beilage zu Bericht Nr. 120 vom 5. Mai 1821.