Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels

224 Richard Blaas Frh. v. Neveu konnte in seinem ersten Handelsbericht aus Brasilien vom 30. August 1817 zwar noch keine umfassende Übersicht geben, glaubte aber aus allen Äußerungen der brasilianischen Regierung die Geneigtheit herauszuhören, mit Österreich unmittelbare Handelsbeziehungen aufzu­nehmen. Einen ersten wichtigen Erfolg konnte Neveu gleich zu Beginn seiner handelspolitischen Tätigkeit buchen: es gelang ihm, vom König die Zusicherung zu erhalten, daß die auf den österreichischen Schiffen mit­geführten Waren von allen Importabgaben befreit werden würden43). Es war dies gleichsam ein Einstandsgeschenk der brasilianischen Regierung für den neuen Partner. Mit Dekret vom 2. September 1817 wurde die 24% Zollabgabe für die österreichischen Waren auf den Fregatten Austria und Augusta erlassen. Die Verhandlungen bezüglich eines Handelstrak­tates, die Neveu alsbald in Angriff nahm, ließen sich weniger erfolg­versprechend an. Bei diesen Handelsgesprächen hatte nicht nur das Mutter­land Portugal, das bemüht war, seine Vorzugsstellung auf jede Weise zu verteidigen, mitzureden, man mußte auch das Dazwischentreten Englands fürchten, das sich in Österreich keinen Konkurrenten auf dem brasiliani­schen Markt großziehen wollte. Wie sehr Neveu diese Querschüsse fürch­tete, zeigt, daß er seinen Bericht über die Handelsvertragsgespräche, den er einem englischen Paketboot zur Beförderung hatte übergeben müssen, chiffriert absendete mit dem ausdrücklichen Vermerk, er tue dies, um ;n englischen Kreisen keinen Verdacht zu erregen44). Die von Neveu bereits eingeleiteten Handelsvertragsverhandlungen wurden nach der Ankunft des Sonderbotschafters Graf Eltz auch von diesem auftragsgemäß weiterge­führt. Die dem Grafen Eltz knapp vor seiner Abreise gegebenen Instruk­tionen lauteten sehr präzise: „in kommerzieller Hinsicht wird der Botschaf­ter den König sowohl als die beiden Minister von Aguiar und Aranjo im all­gemeinen in die Kenntnis seiner daraufbezughabenden Aufträge sowie be­sonders des hohen Werthes setzen, welchen Seine Majestät der Kaiser auf deren Gelingen legen ... indessen bedarf es doch kaum einer Erinnerung, daß die erste Grundlage eines beiden Nazionen gleich vortheilhaften Ver­kehrs vorhanden ist, weil die österreichischen Staaten der brasilianischen Produkte, als da sind Zucker, Kaffee, Medizinalwaaren, Färbehölzer etc. eben so sehr bedürfen als mehrere der unsern sowohl Naturalprodukte als Fabrikate z. B. Quecksilber, Eisen, Stahl, Glaswaaren, Leinwand, Waffen aller Art, Spiegel, Porzellane, Meubles und Hungarische Weine etc. eine an­sehnliche Retourladung für Brasilien darbiethen. Die Betrachtung, daß in Triest dem portugiesischen Aktivhandel ein Absatz von Colonialwaaren für die Bedürfnisse von 26 Millionen Menschen eröffnet werden könnte, sollte für die dortige königliche Regierung ein mächtiger Beweggrund sein, diesen Handel ihrerseits auf alle Art zu begünstigen und der österreichischen 43) Ebenda. Fasz. 3, Bericht Neveu Nr. 18 C vom 30. August 1817. 44) Ebenda. Fasz. 3, Bericht Neveu Nr. 20 D vom 28. Sept. 1817. Chiffre, dans la crainte que la nouvelle d’un traité de commerce ä conclure ne donne de l’ombrage en Angleterre“.

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