Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels

Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels 225 Schiffahrt in den brasilianischen Häfen einige Vortheile über jene anderer Nationen zuzugestehen, bei denen diese Betrachtung nicht statt findet“ 45). Die Handelstraktatverhandlungen waren wohl eingeleitet, hatten sich aber in dem Gewirr der verschiedenen Kompetenzen verfangen: so mußte zuerst ein Gutachten der Handelskammer von Rio de Janeiro vorliegen und dann natürlich auch eines derselben Kammer in Lissabon und die Erledigung konnte natürlich lange auf sich warten lassen. Unterdessen waren sowohl Botschaftsrat Neveu als auch der Handels­mann Weber, letzterer vor allem von der Praxis her, der Beurteilung der brasilianischen Marktlage näher gekommen. Ende des Jahres 1817, also nach knapp einem halben Jahr Aufenthalt, glaubte Neveu allen Grund zu haben, vor einem unberechtigten Optimismus zu warnen. In den ersten Jahren, so wenigstens beurteilte er die Lage, wird man kaum hoffen dür­fen, zahlreiche Schiffsladungen auf einmal absetzen zu können oder den Bedarf der Monarchie an Kolonialwaren aus Brasilien importieren zu kön­nen, denn dafür ist sowohl der Bedarf Brasiliens an Importgütern zu be­scheiden als auch die Produktion von Exportgütern zu geringfügig. Bra­silien, das zwar etwa -7S des Flächeninhaltes von Europa umfaßt, hatte damals kaum eine Bevölkerung von 4 Millionen, wovon kaum eine Million auf die konsumstärkere weiße Bevölkerung entfiel, von der etwa Vs in den Städten lebte. „Der brasilianische Portugiese“, stellte Neveu fest, „und Creole überläßt sich größtentheils ohne Widerstand dem abspannenden Einfluß des Klimas, Müssiggang selbst in Armut bleibt sein höchster Ge­nuß und Arbeit würde die Hand des Weißen entehren. Der Anbau geschieht durch die Neger und viel zu wenig, so daß Colonialwaren in Rio oft teurer sind als in Triest und für die Ausfuhr nicht viel übrig bleibt. Wenn dessen ungeachtet die Handelstätigkeit in Brasilien und besonders in dem hiesigen Hafen sehr bedeutend ist, so liegt davon der Grund zum Teil in der günsti­gen Lage zu vorteilhaftem Zwischenhandel mit dem übrigen Südamerika, mit Ostindien und den portugiesischen Besitzungen in Afrika“. Das vor­läufige Resumé der Überlegungen Neveu’s gipfelt in der Feststellung: „bei dem gegenwärtigen Zustand Brasiliens dürfte es hinlänglich sein, alle 6 Monate ein großes Handelsschiff mit Waren nach Brasilien abzusenden und die Zwischenzeit sowohl zum Absatz als zum vorteilhaften Ankauf der Rückfracht zu benützen“ 4ti). Herr Weber, der mit der Entladung und dem Verkauf der Waren be­schäftigt war, hatte seine schlimmsten Befürchtungen über den Zustand der Handelsware auf der Augusta leider bestätigt gefunden. Mehr als die Hälfte der mitgenommenen Waren hatte einen Totalschaden erlitten. Schon der seinerzeitige Sturm in der Adria gleich nach der Ausfahrt von Triest hatte viel Unheil angerichtet, das durch die unsachgemäße Ent- und Bela- * 46 46) Ebenda. Brasilien, Fasz. 2, Weisungen, Instruktion für Graf Eltz. 46) Ebenda. Brasilien, Fasz. 3, Bericht Neveu’s Nr. 2 J ddo. 6. Dezember 1817. Mitteilungen, Band 17/18 15

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