Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BENNA, Anna Hedwig: Doppelspionage im Türkenjahr 1683

Doppelspionage im Türkenjahr 1683 3 reichen Archiv- und Bibliotheksbestände 9) Zuflucht in Passau und Linz ge­funden hatte 10), erhielt der Erzbischof von Prag Johann Friedrich Graf von Waldstein11) zu seiner nicht geringen Bestürzung ein Schreiben eines ge­9) Vgl. Alphons Lhotsky, Die Geschichte der Sammlungen. Festschrift des Kunsthistorischen Museums II/l (1941—45) 379 an. 104. Walter Pillich, Die Flüchtung der Schatzkammer, des Archivs und der Hofbibliothek aus Wien im Jahr 1683, MÖSTA 10 (1957) 136—147. Othmar Doublier, Die Wiener Hof­bibliothek im Jahre 1683, Unsere Heimat 6 (1933) 310 f. 10) Der Fluchtweg des Kaisers führte von Komeuburg (7. Juli) über Krems (8. Juli), Melk (10. Juli), Neumarkt und Amstetten (11. Juli), Enns (12. Juli), Linz (13. Juli), (vgl. Hofzeremonialprotokoll 1683, fol. 79 rv). Der Kaiser ver­ließ Linz bereits am 15. Juli und begab sich abwechselnd zu Wasser und auf dem Landweg, bald am linken und bald am rechten Donauufer nach Passau. Der Weg führte über Aschach nach Engelhartszell (16. Juli), am 17. Juli wurde Passau erreicht (ebenda fol. 8°r). Vgl. die Tagebucheintra­gungen Harrachs bei Menőik, AÖG 86, 217 und die Berichte des französischen Gesandten Sébeville bei Marius Vachon, Un deuxiéme centennaire. La France et TAutriche en 1683, d’aprés des documents tirés des archives du ministére des affaires étrangéres, La Nouvelle Revue 23 (1883) 749. Nach Ansicht Harrachs ließ sich der Kaiser aus zwei Gründen bestimmen, Linz zu verlassen und sich nach Passau zu begeben. Ein Grund dafür bestand in der erlangten Dispens für den Pfalzgrafen von Neuburg, der schwerwiegendere Grund in der Warnung des Papstes vor dem Grafen Johann Anton Balthasar Zrínyi. Zu Zrínyi vgl. unten Anm. 50. Der Aufenthalt des Kaisers in Passau währte vom 17. Juli bis 25. August, denn die am 16. August vom Kaiser beschlossene Abreise des Hofes verzögerte sich einige Tage (vgl. Hofzeremonialproto­koll 1683, fol. 88v — 92v: Vortrag des Obersthofmeisters über Verlegung des Hofes nach Linz; und Obersthofmarschallamt Kart. 519: hofstatt beeden römisch khayserlichen mayestätten von Passau zu wasser nacher Linz nach der änderten definition. Tagebuch Harrach bei Menőik, AÖG 86, 239). u) Johann Friedrich Graf von Waldstein, Erzbischof von Prag (1644— 1694), Sohn des Grafen Maximilian von Waldstein und der Maria Polixéna von Talmberg, Domherr von Olmütz und Breslau, 1668 Bischof von König- grätz, 1675 Erzbischof von Prag, Generalgroßmeister der Kreuzherren mit dem Roten Stern. Waldsteins Seeleneifer trug ihm den Beinamen „Spiegel der Bischöfe“ ein. Vgl. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich 52 (1885) 223. 224. Rickler-Sefrin, Hierarchia catholica medii et recentioris aevi 5 (1952) 323. In der Korrespondenz Kaiser Leopolds mit dem Grafen Franz Eusebius von Pötting wurde Waldstein schon 1667 unter den möglichen Kandidaten für das vakante Erzbistum Prag genannt (Pribram- Landwehr, Privatbriefe Kaiser Leopolds I. an den Grafen E. F. Pötting 1662—1673, FRA 11/56, 332). Die Verleihung des Prager Erzbistums an den bisherigen Bischof von Königgrätz, Mathäus Ferdinand Sobek von Bilenburg, machte 1668 für Waldstein den Weg auf den Königgrätzer Bischofsstuhl frei (ebenda Pribam-Landwehr, FRA 11/56, 388, 389). Nach Sobeks Tod 1675 folgte ihm Johann Friedrich von Waldstein als Prager Oberhirte (ebenda Pribam-Landwehr, FRA 11/56, 389 an. 2). Leopold bedauerte das Hinscheiden des Erzbischofs Sobek, der ein guter Hirte seiner Herde gewesen sei, er hoffte aber im Nachfolger Waldstein einen ebenso guten für die verwaiste Herde gefunden zu haben (Leopold I. an P. Emerich Sinelli, 1675 Mai bei Kirchbsrger, a. a. O., S. 162 n. CXXIX). Die Aspirationen von Johann 1*

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