Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

RILL, Gerhard: Jacobus Palaeologus (ca. 1520–1585). Ein Antitrinitarier als Schützling der Habsburger

76 Gerhard Rill in weiten Kreisen bekannteste und hatte bald heftige Polemiken zur Folge (Biandrata, Fausto Sozzini, Grzegorz Pawel) 230). Im September erhielt er, als Antwort auf eine Anfang August eingereichte Petition, aus Wien die betrübliche Nachricht, daß er von der Hofkammer keine Zahlung mehr zu erwarten habe231). Noch im selben Monat erschien in Krakau seine Studie De tribus gentibus, eine Weiterentwicklung seiner Rechtfertigungs­lehre in Richtung auf eine totale religiöse Toleranz hin; Liturgie und Dogma erscheinen hier als ebenso hinderlich für eine konfessionelle An­näherung zwischen Christen, Juden und Mohammedanern (Turci christi- ani\), wie jede Art religiöser Verfolgung 232). Es folgen noch eine Polemik gegen Peter Károli und kleinere Werke im Jänner 1573. Dann verstummt Palaeologus für einige Zeit. Im Frühjahr 1573 trat er nun wirklich die schon mehrmals angekün­digte Reise nach Chios an, über die er einige Monate später, im Dezember, als er wieder in Siebenbürgen eingetroffen war, einen dramatischen Be­richt in Briefform verfaßte. Das Schreiben dürfte an Dudith gerichtet gewesen sein, war jedoch sicher von Anfang an für eine Veröffentlichung bestimmt. Angeblich bildete der Besuch der Mutter, zu dem ihn kurz zuvor ein in Konstantinopel lebender Bekannter aufgefordert hatte 233), den ein­zigen Zweck dieses Unternehmens. Daneben hatte er auch eine Mission im Namen des Woiwoden in Konstantinopel zu erledigen 234 *); unausgesprochen bleibt das Hauptziel der Reise: irgendeinen Ausweg aus der finanziellen Misere, eine Pfründe oder wohl auch eine ertragreiche Beschäftigung, zu finden. Dudith kannte diesen Plan. Wenn Palaeologus von den großen Chancen erzählt, die er ohne Gewissenszweifel vergab, dann ist dies wohl ähnlich zu deuten wie sein angeblicher Verzicht auf die Professur an der Pariser Universität im Jahre 1561. Nach seinen Schilderungen wickelte sich das Unternehmen etwa folgendermaßen ab 236 *): Um den 20. Mai 1573 trifft er zusammen mit seinem Famulus Nikolaus auf Chios ein, nachdem dieser in Konstantinopel die notwendigen Pässe besorgt hatte. (Der Großwesir soll übrigens bei dieser Gelegenheit großes Entgegenkom­men gezeigt und erklärt haben, er habe von Palaeologus schon viel Vorteilhaftes gehört238). Gleich nach seiner Ankunft am Reiseziel wird Palaeologus gewarnt: 23°) Grundlegend Kot, Ideologija (übers, von Morse-Wilbur, Soci- nianism) 53 ff; Ders. Szymon Budny, der größte Häretiker Litauens im 16. Jahr­hundert (Wiener Archiv für Geschichte des Slawentums und Osteuropas 2, 1956) 100 ff.; ferner K. Górski, Grzegorz Pawel z Brzezin, w Krakowie 1929, 266, 275 ff., 281; Morse-Wilbur, A History of Unitarianism (1947) 367; Cantimori, Haeretiker 398 ff.; Pirnát, Palaeologus 84 ff.; Ideologie 62 ff. 231) Landsteiner, Palaeologus 37. 232) Pirnát, Palaeologus 87 ff.; Ideologie 66 ff. 233) Landsteiner, Palaeologus 36 f. 234) R e u s n e r, Epist. Turc. lib. IX, 147. 235) Nach der Edition von Reusner 1. c. 142—152; knappe Auszüge bei Pirnát, Palaeologus 98 ff., und Ideologie 79 ff.; über frühere Drucke vgl. W. U r b a n, in Odrozenie i Reformacja w Polsce 6, 1961, 238. 238) Nur in R fol. 182v.

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