Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
BENNA, Anna Hedwig: Eine Wiener Ratsliste und das Wiener Stadtrecht von 1340
Eine Wiener Ratsliste und das Wiener Stadtrecht von 1340 21 fast ausschließlich aus der städtischen Oberschicht von den Stadtherren genommen wurden 164c) und nicht wie früher am Anfang des 13. Jahrhunderts aus den landesfürstlichen Ministerialen und milites. In den Jahren nach der Verleihung des Stadtrechtes durch König Rudolf I. bis zum Stadtrecht König Albrechts I. von 1296 kam dem Rate der Stadt Wien auf die Bestellung des Stadtrichters ein gewisser Einfluß zu165), der sich sicherlich dahingehend äußerte, daß Angehörige der städtischen Oberschicht, Leute aus dem Kreise der prudentiores 166), der burgenses meliores 167 *), der sapientiores, fideliores et utiliores de potioribus sowie der getreuisten und weisesten und nutzesten und erberisten 169), wie sie in den Quellen bezeichnet wurden, von den Stadtherren als Stadtrichter eingesetzt wurden. In den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts kam es verhältnismäßig selten vor, daß andere als Angehörige der Meliorenfamilien das Amt des Stadtrichters bekleideten, so etwa 1330, als Gottschalk von Impruck 17°), der aus einer niederösterreichischen adeligen Familie stammte, die im 14. Jahrhundert vielfach in landesfürstlichen Diensten stand171), Stadtrichter wurde, oder 1337 Hermann Syrfeyer172), der einer nicht zu den Melioren zählenden Wiener Familie entstammte, die aber mit den Poll verschwägert war173). Diese beiden Stadtrichter stellten Ausnahmen dar. In der Regel bekleideten Angehörige der großen Wiener Familien das Stadtrichteramt oft mehrere Jahre hintereinander oder alternierend mit anderen, wie etwa im ersten Jahrzehnt nach 1300 Heinrich I. Chrannest174) mit Niklas I. Eslarn175) im Stadtrichteramt wechselten. Außer den Stadtrichtern, deren Mitgliedschaft im Rate durch das Stadtrecht Albrechts I. geregelt war, die daher in den Ratslisten verhältnismäßig 164c) Dazu Luntz, Ratsurkunde, S. 144, lanitz, MIÖG. 58, 319, 320. Vgl. auch die Stadtrichterlisten bei Tomaschek II, S. 279 ff. und Sailer, Ratsbürger, S. 16. 165) Vgl. Rudolfinum II, Art. 1 (Tomaschek I, n. XVI, S. 51) .. ut amodo in eadem civitate judex singulis annis per nos reges et imperatores, successores nostros, communicato ad hoc consilio civium, statui debeat ...). Vgl. Brunner, Finanzen der Stadt Wien, S. 194. 166) Stadtrecht Herzog Leopolds VI., 1221, Art. 28 (Fichtenau-Zöllner, Babenberger Urkundenbuch 2 (1955) n. 237, S. 64). 137) Marktordnung s. d. (Tomaschek I, n. XII, S. 32), vgl. Luntz, Ratsurkunde, S. 138, Anm. 1, Planitz, MIÖG. 56, 317. >«8) Stadtrecht König Rudolfs I. (Rudolfinum II) 1278, Art. 11 (Tomaschek I, n. XVI, S. 53). 139) Stadtrecht Albrechts I., 1296. Art. 18 (Schwind-Dopsch, n. 77, S. 152). 179) Vgl. oben Anm. 126. 171) Vgl. Franz Karl Wissgrill, Schauplatz des landsässigen Nieder-Österreichischen Adels 4 (1804) S. 488—495. J. Siebmacher, Großes und allgemeines Wappenbuch, IV/4/1 (1906) S. 209—210. Í72) Vgl. oben Anm. 30. 173) Zu den Poll vgl. Sailer, Ratsbürger, S. 211 ff., Planitz, MIÖG. 58, 318 f., 320. 174) Vgl. oben Anm. 112. 175) Vgl. oben Anm. 26.