Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

MEZLER-ANDELBERG, Helmut J.: Österreichs „Schwarze Legende“. Zur Kritik an der Habsburgermonarchie durch österreichische Zeitgenossen Erzherzog Johanns

Österreichs „Schwarze Legende' 223 Was, eingegraben in den Geist, sich fortpflanzt von Geschlecht zu Ge­schlecht. So sei es denn unser Wille und unser Theil, hervorzuragen aus der weiten Fluth unerschütterlich treu, hilfreich, so mäßig als fest, so muthig als billig; denn das ist Oesterr eichisch!“ is). wie anders klingen diese Worte als das, was Hormayr später über Österreich schrieb. Er selbst hat sich gegen den Vorwurf des Widerspruchs zu verteidigen gesucht und in den „Anemonen“ den „Plutarch“ eine „Volks-, Gelegenheits- und Parthei-Schrift ohne allen höheren Anspruch auf Geschichtsschreibung“ genannt, die improvisiert und übereilt in die Feder diktiert wurde und seine späteren ganz anders lautenden Äußerungen damit gerechtfertigt, daß „fast vierzig Jahre ausgebreiteter Studien und zahllose neue Ent­deckungen, ... allzuviele schmerzliche Enttäuschungen manches deutschen Volkes dazwischen lägen“ 14). Sosehr die Bezeichnung des „Plutarch“ als Gelegenheits- und Parteischrift auch zutrifft, gehören nicht die späteren Produkte seiner Feder, die „Lebensbilder aus den Befreiungskriegen“ (1841/44), die „Anemonen aus dem Tagebuch eines alten Pilgersmannes“ (1845/47) und das nachgelassene Fragment „Kaiser Franz und Metternich“ (1848) in die gleiche Kategorie? Auch diese Werke sind wohl in erster Linie als Parteischriften mit deutlich gezeigtem politischem Ziel, nicht aber als wissenschaftlich-objektive Schilderungen zu bezeichnen. In diesen Publi­kationen wurde er zum scharfen Kritiker an Österreich und zum erbitterten Gegner seines Staatskanzlers, nachdem er schon vor seinem Übertritt in bayerische Dienste (1828) der Presse Material gegen Österreich geliefert hatte. Auch späterhin stand Hormayr in guten Beziehungen zu Zeitungs­kreisen und wußte hier seinen Einfluß geltend zu machen 15). In seinem anonym erschienenen „Kaiser Franz“, einem formal höchst geistreichen, aber bissig-scharfen Pamphlet, in dem sich Hormayrs ganzer Groll entlädt, schreibt er mit Bezug auf den Marchese Hieronymus Luc- chesini, der ursprünglich in den österreichischen diplomatischen Dienst strebte, durch „Kaunitzens üble Laune“ aber vor Jahren nach Berlin getrieben worden sei, wo er als preußischer Diplomat zu einem der schärf­sten Gegner Österreichs wurde: „Es ist ein eigenes Geschick des Hauses Habsburg gewesen, daß die rachlustige Empfindlichkeit einzelner, unzeitig beleidigter Männer ihm mehrmals weit größeren Schaden als manches ver­lorene Treffen zugefügt hat“ le), eine Feststellung, die mit einiger Modi­ * ii) is) J. Frhr. v. Hormayr: Oesterreichischer Plutarch. Unveränderter Nachdruck: Austria. Österreichischer Universal-Kalender, 14 (1853), S. 51, 53. ii) J. v. Hormayr: Anemonen aus dem Tagebuch eines alten Pilgers­mannes. II. Jena 1845, S. 34 ff. is) K. Glossy: Literarische Geheimberichte aus dem Vormärz. (Separat­abdruck aus dem Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft, Jg. XXI—XXIII). Wien 1912, s. Hormayr im Register. i®) J. v. Hormayr: Kaiser Franz und Metternich. Ein nachgelassenes Fragment. Leipzig 1848, S. 82.

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