Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

WAGNER, Georg: Der Wiener Hof, Ludwig XIV. und die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65

Wiener Hof, Ludwig XIV. u. die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65 139 kaiserlichen Streitkräfte im Südosten und deren Schwächung Ludwig XIV. im Westen freie Hand für seinen geplanten Anschlag auf die spanischen Niederlande (Belgien) geben mußte, auf die er (vorerst auf Brabant und Hennegau) im Namen seiner Gemahlin, der ältesten spanischen Infantin Maria Theresia, Anspruch erhob. Sie hatte auf ihre Erbansprüche zwar 1660 feierlich verzichtet, jedoch war ihr die vertraglich zugesicherte Morgengabe nicht ausbezahlt worden. Ende Mai 1667 zog denn auch der König los. Die Eroberung von Lille (17. August) war der Höhepunkt dieser ersten Etappe zur geplanten „Monarchie universelle“; ein Ziel, das Franz Paul de Lisola, Österreichs Meisterdiplomat, in seinem 1667 anonym erschienenen „Bouclier d’estat“ (Staatsschild) in treffender Beweisführung enthüllte und damit Europa aufrüttelte, das Ludwig XIV. dann in Koalitionen entgegentrat. Diese Gefahren zeichneten sich bereits 1663 und 1664 ab und hatten den Kaiser nur zögernd — die im Januar 1664 durch seinen Abgesandten Graf Peter Strozzi in Paris — der Form halber bittlich — erwirkte Absendung eines 6.000-Mann-Hilfskorps im Zwange höchster Not annehmen lassen. Die französischen Umtriebe waren zu bekannt: Im spanischen Staatsrat kamen am 31. Juli 1663 Portias diesbezüg­liche Angaben zur Sprache (dessen Schreiben vom 13. Juni). Danach trug Frankreich viel Schuld an den „disensiones de la Cristiandad“ : „de nuevo se havio insinuado lo de Paris a Constantinopoli un cierto Frances ... que ha sido consul en Alepo ... lo que es cierto es que los Tureos nos amenacan con los Franceses, y las divertiones que nos podran hazer“. (E 2377). Bereits im „Consejo“ vom 11. Dezember 1662 war nicht nur von den immer „neuen Schwierigkeiten“ die Rede, welche die Türken den laufen­den Friedensverhandlungen bereiteten (Portias Bericht), sondern auch davon, daß die Franzosen den Kurfürsten von Brandenburg um jeden Preis in den Rheinbund zu drängen versuchten: „No desisten los Franceses con frecuentes misiones a tentar el elector de Brandenburg ... quieren que efectivamente entre en la Liga del Rhin usando lisonjas y amenazas“ (Legajo E 2376). Er trat Anfang 1664 wirklich bei. Allerdings konnte man, wie Sebastian de Ucedo, Resident in Berlin, berichtete, mit dem Kurfürsten „nur mit dem Gelde in der Hand reden“: No puede hablar al elector sin el dinero en el mano (E 2375. Schreiben vom 19. 4. 1664 aus Berlin). Das aber verstanden die Franzosen hervorragend, die damals fast alle bedeutenden Reichsfürsten zu Pensionären ihres Königs machten, während in Spaniens Staatssäckel, u. a. ob des Krieges gegen Portugal, vielfach Ebbe herrschte. Vier Kurfürsten wirkten im Interesse Lud­wigs 10Ia). ioia) Wessen man sich von Ludwig XIV. zu versehen hatte, hätten die kaiser­lichen Minister — wenn sie es lesen hätten können, aber sie ahnten es! — bereits aus Ludwigs Schreiben vom 12. August 1661 an den Abbé Robert de Gravel in Regensburg ermessen können. Darin äußerte Ludwig unverhohlen

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