Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
WAGNER, Georg: Der Wiener Hof, Ludwig XIV. und die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65
116 Georg Wagner Truppen mögen die Winterquartiere in den Erblanden beziehen, das aber würde praktisch heißen, daß man sie als etwaigen Sukkurs noch behalten hätte wollen. Andererseits denkt man daran, daß dies auch nur ein Schachzug der kaiserlichen Minister sein könnte, um den Eindruck der schlechten Behandlung zu verwischen, die sie dem Korps hatten angedeihen lassen. Auf jeden Fall werde man eine etwaige Änderung ihrer Gefühle zum besseren daran erkennen, wie man die Truppen auf den Rückmarschetappen beliefern [verköstigen] werde. Man traute damals noch nicht der Mitteilung de Podvils, die Herr Deslandes überbracht hatte, wonach — es war wohl am 13. Oktober — die Minister bei Bekanntgabe (Befehlsausgabe) der Rückmarschrouten durch Mähren, Böhmen, Oberpfalz und Franken für die Erblande eine Gratisverpflegung angekündigt hatten. Es seien wohl nur „schöne Worte“, so meinte man. Umso größer mußte die Befriedigung sein, als man in Paris bald darauf die Generosität des Kaisers durch die eintreffenden Berichte bestätigt fand. Umso zurückhaltender wurden deshalb wohl die disparaten Ansinnen der ungarischen Malkontenten aufgenommen. Das Ersparnis der Franzosen war beachtlich. Am 21. November 1664 schrieb Louvois an den Intendanten des Expeditionskorps, Louis Robert, seinen Verwandten, der König habe einen Fonds von 105.000 livres vorgesehen, den Herr Jossier mit einem Wechsel (Lettre de change), der in Nürnberg einlösbar ist, an seinen Beauftragten (bei Robert) schickt: „Mais Fon pretend que vous ne debvez toucher ä cette partié qu’ä commencer du premier Janvier, puisque les 311.000 livres qui vous restoient, toutes vos despenses payées jusqu’au dernier Septembre, doivent faire subsister les troupes jusqu’ä la fin de l’année.“ „Aber man verlangt, daß Ihr diese Tranche erst ab 1. Jänner (1665) in Anspruch nehmt, da die 311.000 Pfund, die Euch nach Bestreitung aller Ausgaben bis (einschließlich) letzten September verblieben, bis zum Jahresende für den Truppenunterhalt ausreichen müssen.“ 61) Mit anderen Worten heißt das: die Gratisbeistellung von Unterkunft und Verpflegung durch den Kaiser ermöglichte die Verwendung der ersparten Summe von 311.000 Pfund für die Bestreitung des Truppenunterhalts für die Zeit nach dem Verlassen der Erblande, d. h. für den Durchzug durch das Reich. Durch das Entgegenkommen des Kaisers konnte also ein neuer Zuschuß für den Unterhalt des Korps über November und Dezember hinaus bis zum 1. Jänner 1665 vermieden werden. Le Tellier meint zwar noch etwas skeptisch am 21. November im Schreiben an La Feuillade: anläßlich der Ausgabe der Befehle und Rückmarschrouten durch den Kaiser hätten seine Minister sich gegenüber dem Chevalier de Grémonville und de Podvils in einer Weise erklärt, daß diese ei) Ai 189, fol. 263.