Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
WINTER, Otto Friedrich: Österreichische Pläne zur Neuformierung des Reichstages 1801–1806
Österreichische Pläne zur Neuformierung des Reichstages 1801—1806 293 sehe (darunter 9 kurbayrische und 1 des Kurerzkanzlers, die nicht den „Gutgesinnten“ in österreichischem Sinne zugezählt werden konnten) und 51 protestantische. Die Einteilung in die geistliche und weltliche Bank und der abwechselnde Aufruf je eines Votums von dieser und jener hatte den Sinn verloren, da von den verbleibenden 24 Voten der geistlichen Bank 21 von weltlichen Fürsten — darunter wieder 9 von Protestanten — geführt wurden 90). Der Übergang der Stimmen Salzburg und Bei-chtesgaden von Toskana an Österreich, des Votums Würzburg von Bayern an Toskana und Eichstätt von diesem an Bayern infolge der im Preßburger Frieden festgelegten Gebietsabtretungen vollzog sich innerhalb der katholischen Stimmen und änderte das Kräfteverhältnis nicht91)- Die starke protestantische und noch stärkere Mehrheit der „Übelgesinnten“, die durch den Ausfall der geistlichen Reichsfürsten Ende 1802 zustandegekommen und nunmehr, nach teilweiser Anerkennung des § 32 des Reichsdeputationshauptschlusses, aufrecht geblieben war, verurteilte im Fürstenrat wie im Kurfürstenkolleg die Bemühungen der kaiserlichen und österreichischen Politik, Abänderungsvorschläge für die Zusammensetzung des Fürstenrates durchzubringen, von vornherein zur Aussichtslosigkeit92) ; da andererseits der antiösterreichischen Mehrheit nicht zweifelhaft sein konnte, daß der Kaiser ein ablehnendes Reichsgutachten niemals ratifizieren würde und daher ein Reichsschluß in ihrem Sinne ebenfalls nicht durchsetzbar war, drängte sie nicht allzusehr ") Beilage zum Bericht Fahnenbergs vom 14. November 1803, StK., Regensburg, österr. Gesandtschaft, Berichte, Fasz. 241, fol. 186. Vgl. auch Tabelle im Anhang, Nr. 4. — In der Aufstellung Fahnenbergs fehlen die Voten Braun- sehweig-Wolfenbüttel, Holstein-Glückstadt, Vorpommern, Schwerin und Ratzeburg, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt aktiv waren; daher sind nur 46 statt 51 protestantischen Voten bei einer Gesamtzahl von 75 (statt 80) angegeben. Dem Bericht vom 20. November, ebenda, fol. 225, liegt ein „verbessertes Stimmenverzeichnis“ bei, in dem alle aktiven Stimmen enthalten sind. Vgl. auch „Verzeichniß der activen Stimmen im Reichsfürstenrath und der fürtrefflichen Herren Gesandten, welche sie 1804 vertreten“ (Beilage zum Bericht Fahnenbergs vom 9. Jänner 1804, StK., Regensburg, österr. Gesandtschaft, Berichte, Fasz. 241, fol. 572). 91) A e g i d i, a. a. 0„ S. 308 f. — Mit dem Übergang Salzburgs an Österreich hörte allerdings die Alternation in der Führung des Fürstenratsdirektoriums zwischen zwei verschiedenen Reichsständen auf. — Ein Versuch Kur- würzburgs, das Direktorium als Nachfolger Salzburgs zu beanspruchen, hatte keinen Erfolg (Gutachten Fahnenbergs im Bericht vom 14. Jänner 1806, StK., Regensburg, österr. Gesandtschaft, Berichte, Fasz. 245, Nr. 16; Bericht Fahnenbergs vom 15. Mai 1806, StK., Regensburg, österr. Gesandtschaft, Berichte, Fasz. 246, Nr. 101. Berichte Hügels vom 4., 11. und 28. Juni 1806, StK., Regensburg, Prinzipalkommission, Berichte, Fasz. 16, Nr. 126, 131, 140). 92) Bericht Hügels vom 29. Oktober 1803, in dem er auf seine gleichlautenden Warnungen vom 6. und 11. Juli, 22. September und 3. Oktober hinwies und die Wichtigkeit wenigstens eines einigermaßen geschlossenen Auftretens der katholischen Fraktion betonte; StK., Regensburg, Prinzipalkommdssion, Berichte, Fasz. 8, fol. 419—426.