Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

CORETH, Anna: Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III., und die Karmelitinnen

Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III. 57 P. Joseph, der überdies nach dem Tode des P. Gerhard von St. Lukas im Mai 1664 Provinzial geworden ist, verzögerte daher die Bestellung von Patres zur Begleitung der Klosterfrauen und als deren Beichtväter, ja unter diesen Umständen war er überhaupt gegen die Gründung eingenom­men. Auch die Zustimmung des Nuntius zur Übersiedlung, eine reine Formsache, wie man glaubte, erfolgte zögernd und verspätet, d. h. am 29. März 1664, statt vor dem 19. März, dem Josefstag38). Weiter geschah nichts. Sr. Maria Colomba aber gab nicht nach und während des aufreibenden Wartens wurde sie vom Kaiser selbst bestärkt: „Dem P. Joseph hab ich auch es recommandirt; wann es aber villeicht solte noch stekhen, so woll Sie mirs nur schreiben undt ein wenig informirn, so woll ich schon treiben undt ihren solicitator abgeben. Dann ich will in allweg drob sein, daß doch einmahl dise fundation zur richtigkheit gelange“ 39). Doch all dies half nichts. Im Herbst, nach siegreich beendetem Krieg, drängte die Kaiserin selbst beim Ordensgeneral, doch dessen Reaktion wirkte auf P. Joseph nur be­stärkend. Man könne zwar, lautet die Antwort, die betreffenden Nonnen vom Wiener Karmel nach Neustadt versetzen, da dies von den Definitoren gestattet und vom Papst genehmigt worden sei, und wenn der Provinzial keine Zeit finde, die Nonnen zu begleiten, sei hiemit der P. Prior zu dieser Aufgabe deputiert und könne sich hiezu einen zweiten Pater wählen. Aber den Wunsch, einen Beichtvater zu bestellen, könne er, der P. General, nicht erfüllen, da dies das Recht des Ordinarius sei, dem das Kloster unterstehe. Er könne lediglich dem Bischof die Lizenz erteilen, die Beichtväter aus dem Orden zu nehmen, wenn er wolle, bis beim nächsten Generalkapitel be­schlossen werden könne, wie hierin die Rechtslage stehe. Diese Dinge über­schritten seine und der Definitoren Autorität40). An den Provinzial P. Joseph aber erging die Weisung, daß weder dieser noch der P. General Beichtväter ernennen könne, bevor der Ordinarius seinen Verzicht ge­leistet habe — si egli lo puö fare — wenn er dies tun könne41). P. Joseph aber war vorsichtig. Er wußte, daß die Leitung der Nonnen in spiritualibus, wovon Rom gegenüber die Rede war, nur ein Teil dessen war, was die Klosterfrauen verlangten. Es ging vielmehr um die gesamte Jurisdiktion und tatsächlich hatte ja die Kaiserin bei den ersten Verhand­lungen mit Bischof Thuanus von diesem die Zusage erhalten, 3 bis 4 Wochen 38) Dekret an den Bischof von Neustadt LA.K1A. E, fol. 86; vgl. Kaiser Leopold an Sr. M. Colomba am 23. April 1664, Fam.A. fol. 12, Kop. Der Nuntius wollte sich zuvor mit dem Pater besprechen. 39) Ebenda. 40) General P. Domenico an Eleonora und an den Prior in Wien vom 22. Nov. 1664, LA.K1A. E, 3, 57 und 98. 41) P. Benedetto di S. Eugenio an die Priorin, 10. Dez. (1664), ebenda fol. 115. Er fügt hinzu: „et io ho recevuto prohibitione di non trattare piu di questo negotio“ (offenbar Verbot durch den Provinzial).

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