Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
BLAAS, Richard: Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 1814 und 1815
Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 27 artikel, der ausdrücklich und namentlich die umstrittenen Archivbestände Österreich zusprach, nicht wegzudisputieren. Mit diesem Artikel eröff- neten die österreichischen Kommissäre ihren Angriff gegen die unerwartete, intransigente Haltung der französischen Behörden. Während man auf dem Sektor der Rückstellung der Gemälde faktisch nur auf den guten Willen der königlichen Regierung und ein mündliches Versprechen des Königs angewiesen war, und damit natürlich mit den Reklamationen keinen Schritt weiter kam, so daß man schließlich als einen möglichen Ausweg aus der Sackgasse auf das schon erwähnte Tauschgeschäft sich einließ, hatte die Archivkommission in dem obzitierten Zusatzartikel ein echtes Druckmittel in der Hand, mit dem man doch nach und nach wenigstens einige Bestände den widerstrebenden Behörden abringen konnte. Ende August wurden Hofrechenkammerakten, ostgalizische Akten und einige wenige Akten der Staatskanzlei freigegeben. Es waren freilich alles in allem nur Akten, die, wie Baron Ottenfels einberichtete, „für Frankreich nicht das geringste Interesse haben“. Für die aufgetretenen Schwierigkeiten macht Ottenfels in klarer Erkenntnis der Sachlage nicht den Archivdirektor Daunou verantwortlich, „der mit dem besten Willen sich zu keiner größeren Willfährigkeit herbeilassen könnte, weil ihm durch Befehle die Hände gebunden sind“. Der österreichische Kommissar bedauert, daß er auf ah. Befehl nur auf gütlichem und freundschaftlichem Weg vorgehen kann, „so werden wir“, meint er, „noch weit von dem vorgesteckten Ziel entfernt sein. Denn seitdem Frankreich wieder zu Atem gekommen ist, scheint man daselbst sich nicht mehr an gemachte Versprechen erinnern zu wollen“ 41). Mit den „wenigen interessanten Akten“, mit denen sich die Kommission vorläufig abspeisen lassen mußte, konnte doch schließlich Anfang September der erste Aktentransport zusammengestellt werden42 *), für den noch Vizepräsident Barbier schon vor Wochen alle technischen Voraussetzungen geschaffen hatte 4S). Außer den 88 Kisten, die mit den freigegebenen Archivalien angefüllt waren, lagen noch die von den Vertretern des ehemaligen italienischen Königreiches übergebenen Akten zum Abtransport in 30 Kisten bereit. Die 118 Kisten, die immerhin ein Gewicht von 13018 kg aufwiesen, wurden auf drei Fuhrwerken verladen, unter Bewachung eines französischen Gendarms über Straßburg nach Ulm in Marsch gesetzt, wo sie von einer österreichischen Transportkommission übernommen und per Schiff nach Wien weitei'geleitet werden sollten. Die Organisierung eines solchen Transportes war schon allein von der technischen und administrativen Seite her keine leichte Aufgabe für die Kommission. Dem abgegangenen Trans«) St.K. Vorträge 1814, Fasz. 288. — Bericht Ottenfels an Hudelist vom 1. 9. 14. 42) St.K. Frankreich-Varia, K. 67. — Übergabeverzeichnis vom 27. 8. und vom 5. 9. 14. — Varia, K. 74, Wien D. Verzeichnis über die zwischen dem 30. 8. und 7. 9. übergebenen Registratursakten. «) Ebenda. Schreiben Barbiers an Bombelles über die getroffenen Vorbereitungen bezüglich der Aktentransporte. Ddo. Frankfurt 10. 8. 14.