Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
BLAAS, Richard: Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 1814 und 1815
Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 19 Truppen des ersten Kaiserreiches besetzt waren, an die Reihe. Dieser Konzentration der europäischen Kunstschätze und der Dokumente der wissenschaftlichen Forschung in Paris lag der an sich vielleicht gar nicht so abwegige Gedanke zugrunde, dort ein europäisches Forum der Forschung und des Kunststudiums zu errichten2), aber da die Abgaben alles eher als auf freiwilliger Basis erfolgt waren, war vorauszusehen, daß bei einem Umschwung der militärischen Situation die rechtmäßigen Besitzer ihr schmerzlich vermißtes Eigentum zurückfordern würden. Die österreichischen Archive und Sammlungen traf die französische Heimsuchung im Jahre 1809 3). Nachdem die Franzosen am 13. Mai in Wien eingezogen waren und Napoleon in Schönbrunn seine Residenz aufgeschlagen hatte, begannen die französischen Kommissäre alsbald ihre Tätigkeit und beschlagnahmten, was noch in der Gemäldegalerie, der Hofbibliothek und in den Archiven an brauchbaren Schätzen zurückgeblieben war. Wesentliche Teile der Sammlungen und Archivschätze waren bereits vor dem Beginn des Feldzuges von 1809 zur Flüchtung vorbereitet und dann vor den anrückenden Franzosen geflüchtet und in sicheren Bergungsorten in Ungarn untergebracht worden4 *). Vieles und wertvolles Kulturgut war jedoch zurückgeblieben. Bei der Beschlagnahme der in Wien zurückgebliebenen Akten, Kunstschätze und Handschriften war man von französischer Seite nicht sehr wählerisch, man nahm alles, was vorhanden war, und verfrachtete es nach Paris. Allein an Archivbeständen und Registratursakten wurden 3141 Kisten im Gesamtgewicht von 3921 Zentnern auf der Donau nach Ulm verschifft und von dort per Achse nach Paris geführt >)• Es ist klar, daß solche gewaltige Verschleppungen immense Gefahren für die Bestände mit sich brachten. Da sich die vorliegende Arbeit vor allem um die Darstellung der Tätigkeit der Rückführungskommission bemüht, so darf hier bezüglich der Abführung der Akten und Sammlungen aus Wien im Jahre 1809 auf die entsprechende Spezialliteratur verwiesen werden 6); nicht in den Rahmen 2) Vgl. O. H. Brandt, Metternichs Denkwürdigkeiten 1, 193 ff. 3) Vgl. H. Zimmermann, A. Handlirsch und O. Smital, Die beiden Hofmuseen und die Hofbibliothek, Wien 1920, S. 69; J. K. Mayr, Geschichte der österr. Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich, S. 30, 75; Othmar Doublier, Die Wiener Hofbibliothek in Kriegsgefahr im: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Jg. 53 (1936), S. 44 ff. 4) Gesamtinventar, a. a. O., I, S. 277 und 403 f. — A. Lhotsky, Die Geschichte der Sammlungen, 2. Bd., Wien 1941, S. 512 ff. s) Haus-, Hof- und Staatsarchiv — da alle hier verwendeten Dokumente aus diesem Archiv stammen, wird in den folgenden Anmerkungen nur mehr auf die Bestände verwiesen — St.K. (Staatskanzlei) Frankreich-Varia, Karton 67. Vortrag des Vizepräsidenten der Hofkammer Barbier ddo. Paris, 26. 6. 1814. e) Vgl. H. Schiitter, Die Zurückstellung der von den Franzosen im Jahre 1809 aus Wien entführten Archive, Bibliotheken und Kunstsammlungen in: Mitteilungen des Instituts f. Ö. Geschichtsforschung Bd. 22 (1901), S. 108—122. — A. Lhotsky, Festschrift des Kunsthistorischen Museums in Wien, Zweiter Teil, 2*