Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

BRUSATTI, Alois: Unternehmensfinanzierung und Privatkredit im österreichischen Vormärz

362 Alois Brusatti wurde, unzulässig, wenn man auf das Zusammentreten einer solchen Ge­sellschaft zählen will ..91). Neben den später noch zu erwähnenden Aktiengesellschaften für Ver­kehrsunternehmungen waren solche für die Versicherungsgesellschaften von zunehmender Bedeutung. Bis zum Ende des 18. Jhs. hatten Einzel­versicherer das Feld beherrscht und gerade bei den Versicherungsgesell­schaften brach der Gedanke der Aktiengesellschaft am ersten entscheidend durch 92). In Italien, vor allem in Venedig, gab es schon früher Seeversicherungs­gesellschaften, die allmählich in Aktiengesellschaften umgewandelt wurden; der erste Versuch war schon 1822 unternommen worden. Doch die „kk. priv. 1. österreichische Versicherungsgesellschaft“ in Wien, die 1824 entstand, war die erste Aktiengesellschaft für Versicherungswesen. Sie bot Ver­sicherungsmöglichkeiten gegen 1. Feuerschäden an Gebäuden und beweg­lichen Vermögen in und um Gebäuden, 2. Feuer- und andere Elementar­schäden an Handlungsgüter während ihrer Verführung zu Lande, auf Flüssen und Landseen, 3. Hagelschäden an Feldfrüchten, in In- und Aus­land. Sie hatten einen Fonds von 3 Millionen Gulden, der durch die Ausgabe von 2000 Aktien, jede in einer Höhe von 1.500 fl. aufgebracht wurde. Interessant ist der § 12 dieser Statuten: beim Besitz von 3—5 Aktien hat der Besitzer das Stimmrecht von je 1, bei 6—8 Aktien von 2, bei 9 und mehr von 3 Stimmen, wobei eine Delegierung möglich war. Genau wurde auch die Geschäftsordnung, vor allem für die Generalversammlung festgelegt. Diese Statuten sind deswegen so interessant für uns, weil hier die wesentlichen Bestandteile der späteren Aktiengesellschaften bereits vor­handen waren und dies in einer Zeit, in der das Aktienrecht in Österreich, wie wir gesehen haben, noch kaum kodifiziert war. Ähnlich geschah dies auch bei der Assicurazioni generali Austro-Italiche in Triest, der größten österreichischen Versicherungsgesellschaft, die 1833 gegründet wurde. Sie war ebenfalls eine Versicherung für fast alle Spar­ten; den größten Erfolg hatte sie bei den Lebensversicherungen erzielt. Sie hatte auch einen Aktienfonds von 2 Millionen, mit 2000 Aktien zu je 1000 fl. und ebenso wie die Wiener Versicherungsanstalt genau ausgearbei­tete Statuten, die für die Gesetzgebung auch teilweise zum Vorbild gedient hatten 93). Eine weit geringere Bedeutung hatte die „Riunione Adriatica di Si- curita“, die aus einer Art offenen Handelsgesellschaft mit immer stärker werdenden Fremdeinlagen zu einer Art Kommanditgesellschaft auf Aktien geworden war. Diese Versicherungsgesellschaft bemühte sich übrigens um Ausweitung auf Zweige, die für das Versicherungsgeschäft neu waren, so ni) FA: 3833 ex 1835. 92) Hans Knoll: Aus der Entwicklungsgeschichte des Versicherungswesens, Köln 1934, S. 22. 93) Vgl. Österreichische National-Enzyklopädie, Stichwort: Assicurazioni...

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