Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

VESELINOVIC, Rajko L.: Die „Albaner“ und „Klimenten“ in den österreichischen Quellen zu Ende des 17. Jahrhunderts. Historisch-geographische und ethnographische Abhandlung

196 Rajkó L. Veselinovic Krisen aus, wenn zwar die Entwicklung dieser Wirtschaft noch immer diese Feudalverhältnisse steigerte. Anderseits erweckte die Entwicklung des Handelskapitals unter dem Einfluß und der Abhängigkeit vom Waren- und Geldverkehr bei der türkischen Feudalklasse das Begehren nach immer mehr Geld, das sie zur Bestreitung mannigfacher Warenbedüi'fnisse auf dem belebten Markte für nötig hielt. Die Quelle zu diesem Gelderwerb sahen sie in außerordentlichen Um­lagen, erhöhter Ausbeutung, eigenmächtiger Schröpfung der Rajah, Geld­kürzungen bei Staatslieferungen, Landwegnahme, Verheimlichung der Ra­jah und ähnliche korrupte Streiche. Zugleich gefährdeten die türkischen Feudalherren zum selben Zweck die wirtschaftlichen und finanziellen Be­günstigungen der dünnen favorisierten Volksschichte (Vojnuganen, Dorf­schulzen u. a.) indem sie auch diese der Enteignung und mannigfacher Ausbeutung unterzogen. Die Folge von all dem war die Verschlechterung der wirtschaftlichen Zustände und der Lage aller Volksschichten auf dem Balkan. Infolge der Unzufriedenheit der Völker mit der Türkenherrschaft kam es zunächst zum passiven Widerstand (Auswanderung, Übertritt zum Islam), sodann — während des erwähnten österreichisch-türkischen Krieges — entwickelte sich dieser zum aktiven Kampf militärischen Charakters in An­lehnung an die Kaiserlichen. Dieser Kampf entflammte aus der Sehnsucht nach der Befreiung vom wirtschaftlichen Joche (die innenpolitische Linie des Kampfes), die immer mehr zur Sehnsucht nach der nationalen Befrei­ung heranreifte (die nationale Befreiungslinie des Kampfes). Außer den Kaiserlichen kämpften auf dem Balkan als ihre Verbündeten auch die Venezianer, allein gerade die Waffenerfolge der ersteren belebten die Hoffnung der unterjochten jugoslawischen Völker (d. i. eines Teiles der Kroaten, fast aller Serben unter türkischer Herrschaft und eines be­deutenden Teiles des Makedonier), daß dieser Krieg ihnen eine einzigartige Möglichkeit biete, ihre politischen Ziele zu verwirklichen. Dies umso mehr, als die Kaiserlichen und Venezianer in diesem Kriege vor den christ­lichen Untertanen der Türkei den Gedanken der christlichen Solidarität verfochten. Dem gleichen Gedanken verliehen die Aufständischen des Bal­kans konkreten Sinn und Inhalt, wenngleich dieser Gedanke faktisch nur als eine Propagandaparole in diesem Kriege diente. Diese Zeit ist überreich an interessanten Geschehnissen und Aktionen und es ist darum verständlich, daß sie bis heute wiederholt Gegenstand literarischer Studien, Abhandlungen und synthetischer Arbeiten in der österreichischen, serbischen, italienischen und magyarischen Historiogra­phie war. Dennoch blieb bis heute eine ganze Reihe chronologisch-biogra­phischer, militärpolitischer, historisch-geographischer und ethnographischer Probleme offen, an deren Lösung die Spezialhistoriker der genannten na­tionalen Forschungen gleichermaßen interessiert sind, zumal die öster­reichische und die serbische.

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