Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

SPRUNCK, Alphonse: Zwei österreichische Forschungsreisen aus der Zeit Josephs II.

Zwei österreichische Forschungsreisen aus der Zeit Josephs II. 415 Hofgärtnern Franz Boos 3) und N. Prettermayer den Auftrag, verschiedene Länder Amerikas, Afrikas und Asiens zu durchreisen, um den Tiergarten von Schönbrunn, die Wiener botanischen Gärten, sowie die naturwissen­schaftlichen Sammlungen des Kaiserhauses zu bereichern. Weitere Anwei­sungen sollte Märter noch vom Vizekanzler erhalten. Die fünf Forscher wurden ermächtigt, alle drei Monate im Voraus ihre Gehälter aus dem kaiserlichen Schatz zu erheben: Märter 1200 Wiener Gulden, Stupicz 1000, Moll 800, die beiden Gärtner je 600. Es war ihnen frei gestellt, diese Löhne auch alle sechs Monate im Voraus zu erheben. Falls diese Gelder für die Reise und den Aufenthalt in überseeischen Ländern ungenügend wären, durfte Märter auch höhere Summen erheben, mußte jedoch darüber genaue Rechenschaft ablegen; auch durfte er für sich und seine Gefährten einen Bedienten unterhalten. Für die Reisen und die Ankäufe bewilligte der Monarch unbeschränkten Kredit. Um sich die ihnen bewilligten Gelder zu verschaffen, sollten die Reisen­den in den überseeischen Ländern den kaiserlichen Kreditbrief den Gouverneuren der einzelnen Gegenden vorzeigen. Vorher schon hatte die Wiener Kanzlei Empfehlungsbriefe für sie an die wichtigsten Höfe Europas und deren Stellvertreter in den beiden Indien gesandt. Für die Anleihe von Geldern bei den Gouverneuren von ausländischen Kolonien erhielt Märter eine bestimmte Anzahl von Quittungsformularen ausgestellt; der Kaiser übernahm Garantie für alle diese Anleihen und die Ausgaben für die For­schungsreisen. Starhemberg schrieb am 20. Mai an Cobenzl, Märter sei am Tage vorher mit seinen vier Gefährten in Brüssel angekommen. Durch den Grafen Mercy-Argenteau, den kaiserlichen Gesandten in Paris, hatte er für sie zwei Empfehlungsbriefe von Benjamin Franklin an den amerikanischen Kongreß erhalten. Er versprach, alles zu tun, um den Forschern bei ihrer Aufgabe behilflich zu sein. Da die Abreise des Wiener Kuriers nach Brüs­sel verzögert worden war, hoffte Cobenzl, Märter habe seine Vorbereitun­gen zur Abreise nach Amerika schon fertig, als er am 27. Mai einen „In­structions-Nachtrag“ für ihn und seine Begleiter Unterzeichnete. Als Hauptzweck der Reisen war bestimmt die Erwerbung von „Natur- Seltenheiten“ aller Art zu möglichst billigen Preisen und ihr Transport nach Wien „in dem bestmöglichstem Conservations-Stand.“ Für den Erwerb der schönsten „species“ des Tier-Pflanzen- und Mineralreiches sollten die Forscher, wenn nötig, ausgedehnte Reisen in den fernen Ländern unter­nehmen. „Bey den Pflanzen hat ferners auch eine Ausnahme statt, wenn etwa zu Vermuth ist daß die eine obschon minder schöne Varietät hier- landes doch besser als die andere gedeihen würde.“ Durch kluge „combi- naisons“ sollten die Forscher die Ausgaben für die Reisen und ihre An­käufe für die kaiserlichen Sammlungen möglichst niedrig halten und für s) Biographische Angaben und Quellen über Boos und seine Forschungsreisen in demselben Lexikon, Band 2, Seite 61 f.

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