Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika
Konstantin Reitz 331 er sich alle möglichen Entbehrungen auferlegen und seine Bedürfnisse auf ein Mindestmaß beschränken, bis er sich endlich in beständigem Kampf mit drückenden Sorgen instand gesetzt sah, eine Sammlung zu liefern, wie bis dahin noch keine aus Mittelafrika abgegangen war. Am 13. April sandte er an den Ministerpräsidenten Fürsten Schwarzenberg eine Liste von 66 Tieren und zahlreichen völkerkundlichen Gegenständen, die er abschicken wollte. Schließlich aber wuchs sein Tierpark auf über 200 Stück an. Er hatte ja auch mit Verlusten zu rechnen, die unterwegs eintreten konnten. Und nachdem er die Tiere zusammengebracht hatte, galt es noch für ihre Beförderung zu sorgen. Er fand keine Möglichkeit, zu der einen Barke, über die er verfügte, eine zweite hinzuzumieten, und so mußte er wohl oder übel eine kaufen. Zuletzt stellte sich heraus, daß er sich bei dem allem bedeutend zu seinem Nachteil verrechnet hatte, und es wird keine Übertreibung sein, wenn er sagt, er habe all sein Hab und Gut auf dieses Unternehmen verwandt. Endlich aber war er mit seinen Vorbereitungen, die ihm durch beständiges Unwohlsein noch besonders erschwert worden waren, fertig, und er konnte seine Tiere auf die beiden Barken schaffen lassen. Außer ihnen mußten noch neun in Strohdecken genähte Kisten mit naturwissenschaftlichen und völkerkundlichen Gegenständen sowie acht weitere Kisten verstaut werden. Am 23. August 1852 brach er von Khartum auf43). Er nahm viele Akten mit, die er unterwegs erledigen wollte. Da er aber fast den ganzen Tag der tropischen Sonne ausgesetzt war, kam er kaum an die Arbeit, zumal da ihn auch die Fürsorge für seine Tiere stark in Anspruch nahm. Schon nach drei Tagen hatte er eine anregende Begegnung. Bei Taibe, zwischen Schendi und der Mündung des Atbara, traf er mit dem neuen Generalgouverneur Ismael-Pascha zusammen. Als das Schiff des Statthalters in Sicht kam, sandte ihm Reitz einen Gruß von 21 Flintenschüssen entgegen, die vom Schiffe des Paschas aus doppelt erwidert wurden. Der Pascha lud Reitz zum Abendessen ein, und so konnte sich dieser bis gegen Mitternacht mit dem Pascha über die Zustände in den verschiedenen Provinzen und über allerlei Regierungsmaßnahmen unterhalten. Der Pascha schien großen Wert auf die Ansichten seines Gastes zu legen und bat ihn, er möge ihm nach seiner Rückkehr mit seinem Rat zur Seite stehen, denn er habe volles Vertrauen zu seiner Unbefangenheit, Unparteilichkeit und Einsicht. Reitz entgegnete, der Pascha werde bei seinen Bemühungen um 43) Die Nilreise wird hier dargestellt nach Briefen von Reitz an den damals auf Urlaub in Wien weilenden Generalkonsul von Huber, veröffentlicht in der Wiener Zeitung vom 22. und 30. Oktober 1852 (S. 2925 und 3016), von wo sie dann auch die Darmstädter Zeitung vom 21. (?) Dezember 1852 (Nr. 354, S. 2016) übernommen hat. In den Vorbemerkungen wird namentlich Konstantins Wagemut gebührend hervorgehoben: „Mit seltenem Mute bestand Herr Reitz die Fahrt durch die Wasserfälle ..., welche ihm so leicht niemand nachmachen wird. ... Ihre Überwindung konnte nur der Tatkraft, Besonnenheit und Beharrlichkeit eines Mannes wie Dr. Reitz möglich werden.“