Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

332 Friedrich Roemheld das Wohl der Sudanländer stets einen aufrichtigen und eifrigen Ratgeber an ihm finden, und erklärte dem Pascha in den verbindlichsten Formen, gerade er scheine ihm von der Vorsehung dazu auserkoren, die fast ganz heruntergewirtschafteten Sudanländer wieder in die Höhe zu bringen. Am folgenden Morgen, bei Sonnenaufgang, stattete der Pascha dem Konsul einen Gegenbesuch auf dessen Barke ab und besah die Tiere, von denen ihm Reitz einige zum Geschenk machte. Nachdem der hohe Herr ein Pfeife geraucht und Kaffee getrunken, überließ er seinem Gastfreunde einen Barkenführer, der besonders gut auf den Stromschnellen des Nils Bescheid wußte, und verabschiedete sich. Bei der Abfahrt der österreichischen Barke wurden auf beiden Seiten Ehrenschüsse abgefeuert, bis sie von den in entgegengesetzter Richtung steuernden Fahrzeugen aus nicht mehr gehört werden konnten. „Die Erscheinung des Paschas“, so schließt Reitz seinen Bericht über dieses Zusammentreffen, „hat auf mich einen sehr günstigen Eindruck gemacht. Er scheint besonnen, mutig und von gutem Willen beseelt, etwas für die Sudanländer zu tun. Ich werde ihm stets mit meinem Rate zur Seite stehen, wo es sich um philanthropische Inter­essen handelt.“ In Berber, wo Reitz am nächsten Tage, dem 28. August, eintraf, mußten die Ruder ausgebessert und neue Lebensmittelvorräte eingenommen wer­den. Das nahm zwei volle Tage in Anspruch. Es herrschte eine furchtbare Hitze, die dem ohnehin schon ziemlich erschlafften Reisenden stark zu­setzte. Er war nicht imstande, irgend etwas zu tun, und verbrachte den ganzen Tag in einem schläfrigen Dämmerzustand. Ein Aderlaß, den er sich den Heilgebräuchen seiner Zeit entsprechend machen ließ, schwächte ihn noch mehr. Trotzdem setzte er am 30. August die Reise fort. Er schil­dert sie nicht im einzelnen, aber man weiß ja aus vielen andern Reise­beschreibungen, ein wie gefährliches und aufregendes Unternehmen eine solche Fahrt durch die Stromschnellen des Nils ist. Was das Unternehmen noch besonders erschwerte, war die Unzuverlässigkeit der schwarzen Diener, die von der Tierpflege nichts verstanden und zu träge waren, um etwas davon zu lernen. So mußte Reitz seine 200 Tiere meist selbst ver­sorgen. Zu all diesen Schwierigkeiten kam am 31. August drei Stunden unterhalb von Solimanie ein heftiger Gewittersturm, der so stark war, daß ein der Regierung gehöriges, mit Hirse beladenes Schiff 20 Schritte von den österreichischen Barken entfernt vor Konstantins Augen unterging. Reitz versah die Mannschaft, die in der unbewohnten Gegend völlig mittellos dastand, mit Verpflegung. Die ganze Nacht hindurch schlugen die aufge­wühlten Wogen des Stromes in die Barken, und die Besatzung war fort- während damit beschäftigt, das Wasser auszuschöpfen. An Schlafen war nicht zu denken. Trotzdem wurde auch am nächsten Tag, dem 1. September, durch zehnstündiges Rudern eine beträchtliche Strecke Wegs zurückgelegt, und um Mittag erreichten die Schiffe Abu Hammed, die Ortschaft am

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